Freitag, 19. November 2010

Hilfe für Togo e.V.

Puh, die letzten zwei Wochen haben mich wirklich müde gemacht. Es waren aber auch die aufschlussreichsten und schönsten Wochen die ich bis jetzt erlebt habe und die eine große Veränderung für mich bedeuten.

Wie im letzten Eintrag berichtet, hat das Centre Solidarité am Mittwoch vor zwei Wochen Besuch von Hilfe für Togo bekommen. Insgesamt ist eine Gruppe von neun Leuten gekommen. Wir haben uns zusammen das Centre angeschaut und über einige Dinge geredet, wie z.B. einen Brunnen, eine Photovoltageanlage und eine Brücke, die das Viertel jenseits des Flusses hinter dem Centre an uns anbinden soll.



Frauen am Mono
Da wir uns auf Anhieb gut verstanden haben, hat mich die Gruppe eingeladen, mit ihnen nach Agbetiko an der Grenze zum Benin zu fahren, um dort eine vom Verein finanzierte Schule zu besichtigen und die Schäden nach den langen Regenfällen zu sehen. Nachdem ich mir die Erlaubnis meines Gastvaters und meiner Projektstelle geholt hatte, ging die Reise am nächsten morgen los. In Lomé haben wir eine Pause gemacht (mit Schweizer Wurstsalat) und sind dann weiter zu einem Freund und Partner des Vereins, wo wir mit Trompetenmusik empfangen wurden. Obwohl das Orchester bestimmt 20 Meter entfernt gespielt hat, haben wir uns kaum unterhalten können. Am nächsten Tag, nach einem kurzen Ausflug zum Mono-Fluss, der Grenze zwischen Togo und Benin, sind wir vor der neuen Schule mit einem rießigen TamTam empfangen worden. Es ist unvorstellbar, wie lange es gedauert hat, bis alle auf dem richtigen Platz saßen. Es wird lieber diskutiert als gehandelt. Letztendlich haben wir uns geeinigt und die großen Reden, gefolgt von lauter Musik und traditionellem Tanz konnten beginnen. Auch wenn es wirklich interessant war, so etwas mitzuerleben, war ich froh, als sich die Menge aufgelöst hat und wir unter dem stickigen Zeltdach an die zwar genauso heiße, aber doch auch frische Luft konnten. Im Anschluss haben wir uns noch ein Dispensaire (Dorfkrankenstation) angesehen, die, wie viele andere auch, in einem wirklich sehr schlechten Zustand ist. Am Samstag sind wir dann wieder viele Stunden zurück nach Kpalimé gefahren um am nächsten Tag aufs Plateau de Dayes zu fahren, das ca. 70 km nördlich von Kpalimé liegt. Das Reisen ist hier wirklich sehr anstrengend, weil es einfach heiß und staubig ist und die Straßen zum Teil in einem sehr schlechten Zustand sind, gespickt mit vielen Schlaglöchern. Das Klima auf dem Plateau war einfach herrlich. Abends hat es mich sogar gefroren, ich hatte gar nicht genug zum anziehen dabei. Das hätte ich mir gar nicht vorstellen können. Sehr angenehm! Wir haben bei einem Deutschen Herberge bezogen, der schon seit 30 Jahren in Togo lebt und auf dem Plateau für die landwirtschaftlichen Projekte des Vereins zuständig ist. Seine Frau hat uns mit den besten Mahlzeiten verköstigt, Rindfleisch aus eigener Produktion. Das ist hier sonst eher eine Seltenheit.

Bis zu unserer Heimreise am Freitag haben wir uns die Projekte von Hilfe für Togo angesehen. Dazu gehören diverse Schulen und Kindergärten mit Zisternen und Latrinen, Dispensaires, und Aufforstung mit schnellwachsendem Holz. In den Schulen haben wir Hefte und Trikots für die Schulmannschaft verteilt, was allen große Freude gemacht hat. Wir konnten uns zum Teil vor lauter Kindern gar nicht mehr retten.

süss, oder?
Das Highlight am Abreisetag war noch eine Vogelspinne auf unserer Terrasse.

Wieder zurück in Kpalimé haben wir noch die Lagerhalle mit den zwei Containern voll Sachspenden aus Deutschland gesichtet und teilweise verteilt. Es ist wirklich schade und demotivierend, wenn man Dinge, die bestimmt im Container waren, nicht mehr findet. Es gibt doch immer ein Schlitzohr, das sich bereichern will. Man kanns manchen nicht mal übelnehmen, wenn man die Armut hier sieht.
Am Dienstag haben wir noch den Fetischmarkt in Lomé besucht. Wahnsinn was da für Tierteile ausgestellt sind und die Leute glauben auch noch dran, dass ein bisschen gemahlener Elefantenknochen, gemischt mit Schlangenhaut und Krokodilaugen ihr Rheuma lindern kann. Anscheinend sind alle Tiere auf natürliche Weise gestorben, außer die Giftschlangen, die darf man töten.


harter Job!
Abends ist Hilfe für Togo wieder nach Deutschland in die Kälte gereist, es gibt wohl schon den ersten Schnee!? Geblieben ist mir Julia2, eine Freiwillige für drei Monate, die mit mir das Centre Solidarité unsicher machen wird. Wir werden unter anderem einen Fond verwalten, den Hilfe für Togo eingerichtet hat, um auch die medizinische Versorgung der ärmsten Schicht zu gewährleisten. Das ist eine große Herausforderung für uns, da sich kostenlose Versorgung schnell herumspricht und wahrscheinlich plötzlich alle mittellos sein werden. Es ist wie eine Gratwanderung zu entscheiden, wer wirklich bedürftig ist und wer nur heuchelt. Trotzdem eine super Erfahrung für uns.Wir haben ein eigenes Zimmer im Centre bekommen, in dem wir das gespendete Material, vor allem Spritzen, Kanülen und Verbandsmaterial lagern, dass dann für Sozialfälle verwendet wird. Wir haben gestern angefangen, alles auszupacken und zu sortieren. Eine Heidenarbeit, aber wir haben auch jeden Mange Gaudi dabei. Ich bin gespannt wie sich unser Projekt entwickelt und bete zum Dieu tout Puissant, dass wir nicht auf die Schnauze fallen.

Schaut doch mal bei http://www.hilfe-fuer-togo.de/ vorbei.

Dienstag, 2. November 2010

Abenteuer Lomé


Nach vier Wochen ‚härtester‘ Projektarbeit, haben ein paar Freunde und ich beschlossen, das lange Wochenende in Lomé zu verbringen und mal richtig auszuspannen. Es wurde höchste Zeit, aus Kpalimé rauszukommen um etwas anderes zu sehen. Nachdem ich am Freitag ein sehr motivierendes Gespräch mit dem Direktor meiner Projektstelle hatte (später mehr dazu), bin ich guter Dinge und voll Vorfreude auf den Weg nach Lomé (fünf von uns waren schon in der Früh losgefahren, Greg und ich sollten nach der Arbeit nachkommen). Das erste Problem stellte sich mir schon in Kpalimé, die Busse und Taxen nach Lomé waren alle leer. Bekanntlich fahren hier aber nur überfüllte Autos von A nach B. Ich bin dann kurzerhand mit dem Moto-Taxi nach Agou-Gare gefahren, wo ich mich mit Greg treffen sollte. Dort konnten wir uns vor Angeboten nach Lomé kaum retten und saßen nach einer lautstarken Diskussion (‚Nein, die fahren bei mir mit.‘ ‚Ich hab sie zuerst gesehen.‘ ‚Es geht aber immer der Reihe nach.‘) wenige Minuten später beide vorne in einem Kleinbus. Da es nur einen Beifahrersitz gibt, muss ich mich mit dem Mittelteil begnügen und die Kupplung zwischen den Beinen einfach so hinnehmen. Hier ist es halt so. Ohne weitere Zwischenfälle sind wir ca. 2 Stunden später in der Hauptstadt am Busbahnhof angekommen. Dort reißen sich gleich die Moto-Taxis darum uns weiter zubefördern. Wir sind aber nun mal nur zu zweit, da kann man beim besten Willen nicht mehr als zwei Fahrer engagieren. Im Hotel treffen wir uns mit den anderen, wir schlafen zu siebt in einem Raum. Mit Klimaanlage! Das versprechen angenehme Nächte zu werden, nachdem wir vom Hotel noch Matratzen für den Boden bekommen haben. Zufällig ist am selben Abend noch ein kleines ‚Oktoberfest‘ im Goethe-Institut. Auch hier wird der 200. Geburtstag mit Schunkeln und Bier gefeiert. Die Blaskapelle ist zwar eher dürftig, da die meisten das Original nicht kennen, fällt es nur wenigen auf. Das Bier aus Plastikbechern schmeckt auch eher schal, so dass wir uns entscheiden, den Rest des Abends woanders zu verbringen. Wir tanzen ausgelassen in einer menschenleeren (es ist ja auch gerade mal 20Uhr) Großraumdisko, bevor wir den Abend gemütlich auf der Terrasse vor unserem Zimmer ausklingen lassen.

 Den Samstag verbringen wir größtenteils am Strand in einem Hotel, da es anscheinend zu gefährlich ist, an unbewachten Stellen ins Wasser zu gehen. Aber auch hier trauen wir uns nicht sehr weit rein, die Strömung ist doch sehr heftig und der Boden fällt gleich stark ab. Wir genießen es trotzdem, besser als nichts. Die Urlaubsstimmung ist auf jedenfall da. Wir sind plötzlich keine Freiwilligen mehr, sondern einfach Touristen. Sorgenlos..., wenn uns nicht das Geld durch die Finger fließen würde. Immer Essen gehen, sich mal dies mal das gönnen, abends feiern, das erleichtert den Geldbeutel. Die nächsten Wochen werden wir uns zurückhalten müssen. Bis zum nächsten Kurztrip... Am frühen Abend holen mich die drei Hauptverantwortlichen der Verwaltung des CMS Solidarité ab, darunter auch mein Gastvater. Wir fahren an den Flughafen um eine Delegation von Hilfe für Togo e.V. zu empfangen. Sie werden drei Wochen in Togo bleiben und ihre verschiedenen Projekte besuchen. Unter anderem auch unser Centre. Da die Gruppe wohl nur wenig französisch spricht, soll ich morgen, wenn wir mit einem Besuch an der Reihe sind, als Dolmetscherin fungieren und davon überzeugen, dass wir viel Unterstützung benötigen, z.B. einen tiefen Brunnen mit Trinkwasser, damit das Wasser nicht länger teuer gekauft werden muss. Außerdem bräuchten wir dringend eine Solaranlage. Durch die häufigen Stromausfälle, ist die Arbeit vor allem nachts oft erschwert, Geräte gehen schneller kaputt, die Kühlkette der Medikamente wird ständig unterbrochen usw. Nur sind für derartige Investitionen keine Mittel da. Hoffentlich hat Hilfe für Togo e.V. was für uns übrig. Ich bin erstaunt über die Weitsichtigkeit der Pläne. Auf Dauer wird man einiges Geld sparen können und den Angestellten wieder mehr Gehalt geben können. Das wurde vor kurzem gekürzt, was die Arbeitsmotivation sichtbar senkt. Ein Teufelskreis. Ich glaube, die Direktion setzt große Stücke auf Verhandlungsgeschick... Etwas mulmig ist mir doch dabei, es steht vieles auf dem Spiel.

Zurück nach Lomé... Den Sonntag verbringen wir nach dem Besuch eines französischen Supermarktes am Pool im Ibis-Hotel. Wenn man aus dem badewannenwarmen Wasser steigt, ist die Umgebungstemperatur (ca. 35°Grad) eine richtige Abkühlung. 

Für einen Freiwilligen, der in Kpalimé geblieben ist, soll ich noch ein Paket abholen, dass ihm ein in Deutschland lebender Togoer auf Heimaturlaub mitgebracht hat. Eigentlich eine schnelle Sache, denke ich. Drei Stunden später, den Bauch voll mit Prinzenrolle (wie unglaublich gut das schmecken kann!) und einem guten Mittagessen, verabschiede ich mich endlich. In der Tüte noch eine große Tafel Milka-Schokolade, die ich mit den anderen innerhalb von wenigen Minuten verdrücke, nachdem wir dem geschmolzenen Schokobrei zwischen kalten Wasserflaschen wieder etwas Form gegeben haben. Lecker!!! 

Am Abend treffen wir uns noch mit ein paar Togoern, die einige von uns schon aus Kpalimé kennen und gehen ordentlich tanzen. Ich habe heute noch Muskelkater in den Oberschenkeln. Am Montag sind wir alle nur sehr schwer aus unseren Betten gekommen. Nachdem die Klimaanlage ausgefallen war, haben wir von einem netten Hotelwächter um 5 Uhr morgens noch einen riesigen eisernen Ventilator bekommen, der einem Helikopter fast Konkurrenz machen könnte. Aber besser zu laut als zu heiß und stickig. Auf der Heimfahrt kommen wir in einen heftigen Regenschauer. Unser Taxi ist natürlich nicht wasserdicht. Es tropft zwar nur in den Kofferraum, aber so wird unser Gepäck ziemlich nass. Ich bin auch froh wieder daheim zu sein, Lomé ist doch sehr anstrengend auch wenn es uns allen sehr gut gefallen hat und wir jede Mange Spaß zusammen hatten. Ich denke, es sind alle frühzeitig ins Bett gegangen.
einer unserer kleinen Patienten

In der Arbeit heute kam gleich mal mein Gastvater mit zwei Medikamentenfläschchen auf mich zu und fragte, ob ich ihm die spritzen könnte. Meine erste krankenschwesterliche Tätigkeit, abgesehen von Blutdruck und Temperatur messen. Richtig schöne Venen hat mein Papa, ein Traum! Später gab es noch eine kleine Réunion mit den Dreien von der Verwaltung. Wir haben besprochen, wie wir morgen vorgehen, wenn uns Hilfe für Togo e.V. besucht. Ich soll auch noch ausgebildet werden, an Schulen und Ausbildungstätten, Vorträge und Diskussionsrunden zu führen. Es gibt pro Gruppe sechs Module à zwei Stunden, in denen z.B. über Lebensplanung, Sexualität, Gesundheit, das Recht ‚NEIN‘ zu sagen und die Verbindung von Tradition und Neuem gesprochen wird. So langsam sehe ich einen Sinn in meinem Aufenthalt. Es wird mir bestimmt sehr viel Spaß machen. Bei der Gruppe von Hilfe für Togo e.V. ist noch eine Julia dabei, die gerade Abitur gemacht hat und drei Monate Praktikum bei uns im Centre machen möchte. Da sie auch im Rettungsdienst tätig ist, können wir vielleicht gemeinsam meinen Plan, Erste-Hilfe-Kurse anzubieten, verwirklichen. Zu zweit macht es bestimmt mehr Spaß. 

Ich freue mich schon, Euch berichten zu können, wie es mit den Dingen voran geht! Bis dahin alles Liebe und viele Grüße von einer sehr glücklichen Julia!!!