Dienstag, 15. März 2011

¼ Jahrhundert und dicke Party

Ich erinnere mich gerne an meine Geburtstagsfeier vergangenes Wochenende, allerdings bin ich auch froh, dass ich es hinter mir habe. Es war doch eine ziemlich anstrengende Geschichte für mich und das liegt vermutlich nicht an meinem jetzigen alten Alter J  Die Vorbereitungen allein haben mich zum Teil schon zur Verzweiflung gebracht. Keiner wusste genau, wie viel 30 Gäste essen und trinken. Ich war mir ziemlich sicher, dass auch jede Menge Leute kommen würden, die nicht eingeladen waren und die natürlich auch eine Mahlzeit einfordern würden. An sich ist das ja kein Problem, wenn für uns auch ungewöhnlich, nur ist es nicht gerade hilfreich für die Planung. 

Meine Gastmama konnte es sich nicht nehmen lassen, bestimmte Zutaten in Lomé einzukaufen. Es ist dort zwar ein wenig günstiger, nur würde sich bei uns schon aus reiner Bequemlichkeit keiner in einen stickigen Bus setzen und 2 ½ Stunden hin und zurück fahren, wenn er auch um die Ecke einkaufen könnte.

"ob wir das rechtzeitig schaffen?"
Auf dem Speiseplan stand grüner Salat mit Tomate, Ei, Zwiebel und Thunfisch. Als Hauptgericht hatten wir Ablo (kleine klossartige Dinger auf Maisbabis) mit Fleischgemüsesoße und Ananas- bzw. Mangostücke zum Nachtisch geplant. Als endlich alle Zutaten zusammengetragen waren, konnte das große putzen, schälen und schneiden beginnen. Wir waren den ganzen Samstag damit beschäftigt und es hat wirklich jeder in der Familie mitgeholfen. Insgesamt acht fleißige Helfer plus meine zwei Cousins, die die geliehenen Stühle vom Staub befreit haben. Und es hätten nicht weniger sein dürfen. Die Stimmung während der Vorbereitungen war allerdings nicht die beste. Meine Gastmutter war, wahrscheinlich aufgrund ihrer Lomé-Reise ziemlich müde, dadurch schlecht gelaunt und hat das an den anderen Familienmitgliedern raus gelassen. Manchmal ist es doch schon, kein Ewe zu verstehen und einfach sein Ding zu machen. Ich wollte mir davon nicht meine Party verderben lassen. 

Geburtstagskind Nr.2 Hervé (re.)
Übrigens war es gar nicht „nur“ meine Party. Mein Gastcousin Hervé hat nämlich am selben Tag Geburtstag  und ist 19 Jahre als geworden. Ich habe ihm gesagt, dass er auch ein paar Freunde einladen kann. Dafür, dass die erste spontane Antwort war, dass er keine Freunde habe, sind dann doch einige gekommen. Überhaupt war die Gästewahl gar nicht so einfach. Obwohl ich mir alles gut überlegt habe, musste ich mir immer wieder Sätze anhören wie „Du hast mich gar nicht eingeladen“ oder „Warum kommt der X denn nicht?“ Wenn ich es allen hätte Recht machen wollen, dann hätten wir vielleicht für 100 Leute kochen müssen. Ich hab ziemlich schnell für mich beschlossen, diese Vorwürfe nicht an mich rankommen zulassen. Die Leute, mit denen ich feiern wollte, waren eingeladen. Basta.

bon appétit
Um 19 Uhr sind dann langsam die Gäste eingetroffen und mein Gastvater hat erstmal eine Runde Whiskey ausgegeben. Zum warm werden sozusagen. Mir war so schon ziemlich heiß! Das Essen verlief super, es hat allen geschmeckt und es konnten alle ungeplanten Besucher befriedigt werden. Wir konnten sogar noch die nächsten Tage satt werden. Doch so richtig genießen konnte ich die Feier noch nicht, da immer wieder meine Gastmutter oder ihre Schwester zu mir kamen und meinten, man müsse jetzt dieses oder jenes machen. Irgendwie ging denen das alles nicht schnell genug. Gemütlich am Tisch sitzen und ratschen ist wohl eher unüblich, außerdem sollte noch eine Musik- und Tanzgruppe auftreten (die Mitglieder sind zufällig etwas früher gekommen, man könnte ja noch was zu Essen abstauben), für die der Hof frei geräumt werden musste. Also schnell alles abräumen. Die Gruppe in der auch mein anderer Cousin Eloge mitmacht, hat recht gut Stimmung gemacht, zwischendurch durften auch die Zuschauer mittanzen.

Eloge (m.) beim Tanzen
Der offizielle Teil war für damit beendet und für mich wurde es etwas entspannender. Nach einigem Hin und Her sind wir dann noch in eine Bar und haben den Abend ausklingen lassen. Um 4Uhr sind dann auch die Lichter ausgegangen und ich war ziemlich froh, ins Bett zu kommen.

Mittwoch, 2. März 2011

OP-Luft schnuppern

Am Dienstag hatte ich die Gelegenheit einer Hysterektomie (Entfernung der Gebärmutter) beizuwohnen. Kwami, Mentor der Freiwilligen in Agou, hatte mich zu seiner Arbeitsstelle im Krankenhaus Bethesda in Agou-Nyogbo eingeladen (Haupthandlungsort des Buchs „Fufu ist keine Götterspeise“ von Dieter Jacobi). Er arbeitet dort als Anästhesist. Der Einladung bin ich nur allzu gerne gefolgt, da es mich schon immer interessiert hat, wie hier operiert wird.

Im Großen und Ganzen ist es wie bei uns. Es gibt einen Patienten, einen Anästhesisten mit Helfer, ein oder zwei Chirurgen mit Helfer und einen Springer. Die Gerätschaften sind zwar weniger modern und zahlreich, aber es hat alles funktioniert.

OP-Saal
Der Unterschied: mobile Patienten laufen in den OP, es sieht nicht alles unbedingt sauber aus, Fenster und Türen sind aus Holz, es gibt weniger Einmalartikel, vor allem was Arztkittel und OP – Tücher angeht. Die meisten Patienten, die am Unterkörper operiert werden, bekommen eine Peridualanästhesie, also ein Betäubungsmittel in die Wirbelsäule, d.h. sie sind während der gesamten OP wach. Bei unserer Patientin ist wie gesagt die Gebärmutter, die voll mit Myomen war, entfernt worden. Das hat knapp drei Stunden gedauert. Ich weiß nicht, ob ich das verkraftet hätte. Auch ein Unterschied. Die Patienten werden hier nicht so mit Samthandschuhen angefasst wie bei uns. Da geht es oft recht ruppig zu. „Stell dich doch nicht so an!“, „Das könnte viel schlimmer sein“. Der Patient muss ja auch jedes Medikament selber zahlen. Wenn er sich keine Schmerzmittel leisten kann, muss man es halt so machen. Zähne zusammenbeißen und durch.
Das ganze hört sich jetzt vielleicht so an, wie wenn viele Patienten schreiend und winselnd im Krankenhaus liegen. Ist nicht so! Man kümmert sich um jeden. Das schlimme ist nur, dass viele erst recht spät kommen, wenn es ihnen schon richtig schlecht geht. Man probiert oft erstmal mit Kräutern, Tees, Medizinmännern. Das kann in bestimmten Fällen sicher helfen, aber manchmal kann eben nur die Schulmedizin Erleichterung verschaffen.
Noch mal zurück zu der Patientin. Wenn sie ihre Gebärmutter beerdigen möchte, darf sie sie mit nach Hause nehmen. Noch ein Unterschied.

Rami (Volontär),
Yannick (Anästhesiepfleger) und ich
Insgesamt hat mir der Tag im OP sehr gut gefallen, es war super interessant und das gesamte Team war echt nett und aufgeschlossen. Wenn ich die Erlaubnis bekomme, werde ich jeden Dienstag (Dienstag und Donnerstag sind OP-Tage) ins Krankenhaus fahren. Die Abwechslung tut gut und man kann noch einiges lernen. Gleichzeitig kann ich den Rest des Tages in Nyogbo auf dem Dorf verbringen, wo es meistens ein paar Grad kühler (oder eher weniger heiß) ist und vor allem kann man sich von Staub und Lärm in Kpalimé erholen.

Ansonsten vergeht die Zeit rasend schnell, von Samstag auf Sonntag feiere ich meinen 25. Geburtstag. Es gibt eine große Party, die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Ich habe das Gefühl, dass meine Gastmama ziemlich unter Strom steht. Es muss alles perfekt werden!