Donnerstag, 23. Dezember 2010

Hoho, das Christkind steht vor der Tür!

Es ist heiß, staubig, stressig, laut und vor allem alles andere als weihnachtlich! ‚Stille Nacht, heilige Nacht’ dröhnt aus den Boxen, es kommt aber nichts im Herzen an. Es ist ein Tag wie jeder andere, nur dass man nicht arbeitet und sich was Schickes anzieht. Man schwitzt noch mehr als sonst. Es werden Hühner, Ziegen und Schafe geschlachtet oder doch nur Pâte mit Schleimsoße gegessen. Die Leute sparen seit Monaten, gehen nicht mehr zum Arzt außer wenn es ganz dringend ist, um ein klein wenig feiern zu können. Wer es sich leisten kann, kleidet seine Familie neu ein. Oder fährt sogar zu Verwandten in weit entfernte Dörfer. Vereinzelt hängen Girlanden in den Läden, manch einer hat eine Plastiktanne. Weihnachten ist hier noch kein kommerzielles Geschäft (vielleicht weil man es sich auch einfach nicht leisten kann), man rennt nicht von Laden zu Laden um noch schönere und teurere Geschenke als im Vorjahr zu kaufen.
Auch wenn ich Weihnachten unter der Sonne kenne, ist es doch noch mal ein ganz anderes Erlebnis. Bei mir kommt keine Stimmung auf und darüber bin ich eigentlich auch ganz froh. Ich kann mir vorstellen, dass das Heimweh und die Sehnsucht nach Kälte, Glühwein und Schnee sonst zu groß werden würden.

Gestern Abend war die angekündigte Personal-Weihnachtsfeier. Auch wenn die Organisation wieder mal recht chaotisch war, hatten wir einen super Abend. Im Garten wurden Tische und eine Musikanlage (die eine halbe Stunde nach Beginn der Feier auch endlich in Betrieb genommen werden konnte) aufgebaut, wir haben die Getränke besorgt, die Gäste haben etwas zu Essen mitgebracht. Julia und ich durften/mussten bei jedem kosten bis wir, kugelrund und vom Bier schon leicht erheitert, von einem Regenguss erwischt wurden. Die geplante Tombola haben wir so im stationären Bereich auf dem Gang ausgetragen. Wir hatten insgesamt 170 Gewinne (von Kugelschreiber und Schreibblock, über Käppis und Kuscheltiere bis hin zu Töpfen und einem Schulranzen). Alle waren aufgeregt. Die Augen haben geglänzt. Ihre Freude kam wirklich von Herzen. Auch wenn die Käppis und Sonnenbrillen zum Teil schrecklich aussehen, sie werden mit größtem Stolz getragen. Ich finde der Abend war ein voller Erfolg und hat allen viel Spaß gemacht.

Heute war unser letzter Arbeitstag. Wir haben das Glück über die Feiertage und Neujahr frei zu haben. Heiligabend wird mit ein paar Freiwilligen gefeiert, den 25.12. verbringe ich mit der Familie und am 26. düsen Julia und ich aufs Plateau, ein paar Tage die Ruhe und Kühle genießen und Kraft tanken. Die letzten Wochen haben wir wirklich viel gearbeitet, ich war noch bei zwei Inventuren in verschiedenen Krankenstationen dabei. Das waren meistens 10-12 Stunden Arbeit, was bei der Hitze doch sehr schlaucht. Und mich bei der Geschwindigkeit der Arbeit manchmal auch fast zum Verzweifeln gebracht hat. Im Januar bleib ich noch im Labor, damit einer der Angestellten endlich mal Urlaub nehmen kann. Das wird sicher spannend, wenn ich plötzlich nicht mehr zusätzliche Kraft bin, sondern meinen eigenen Bereich habe.

Wenn ich nicht gerade voll im Stress bin und versuche meinen Verpflichtungen nachzukommen, denke ich an den Besuch meiner Eltern zurück. Wir haben fünf wundervolle Tage zusammen verbracht. Es ist schön, dass sie jetzt wissen, wie und mit wem ich hier lebe. Wir hatten ein abwechslungsreiches Programm mit und ohne meine Gastfamilie. Ein Abendessen mit meinen Chefs im Centre und zwei relaxte Tage in Lomé. Mama und Papa nur für mich! Das tut richtig gut. DANKE!









Ich wünsche allen frohe Weihnachten, gute Stimmung, wohlige Wärme, Zufriedenheit und dass Eure Wünsche für das Jahr 2011 in Erfüllung gehen!

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Advent, Advent, ein Büschlein brennt

Die Zeit vergeht gerade so rasend schnell, ich komm kaum noch dazu, euch über das Neuste zu informieren.

Am Sonntag haben wir schon den zweiten Advent gefeiert und anstatt eine Kerze anzuzünden, sieht man hier immer mehr Buschfeuer. Hinzu kommt noch der Staub des Hamatan (der noch nicht seinen Höhepunkt erreicht hat), der vielen Leuten zu schaffen macht. Gereizte Augen, trockener Husten, Schnupfen, mehr Parasiten. Der Staub ist einfach überall. Ein Graus für jede Hausfrau. Obwohl ich mich wirklich bemühe mein Zimmer sauber zu halten, kommt meine Gastmama immer wieder und meint dieses oder jenes sei zu dreckig. Der Kampf gegen die feinen Körnchen nimmt kein Ende.

Im Projekt läuft es mehr oder weniger gut. Meine Arbeit im Labor gefällt mir sehr gut. Ich mache hauptsächlich die Blutentnahmen, koloriere die Mikroskopplättchen und shaker mit meinen Mitarbeitern. Ich versuche sie bei Laune zu halten, denn das Klima im Centre verschlechtert sich von Tag zu Tag. Die Motivation der Angestellten fällt rapide und die Adventszeit scheint hier nicht unbedingt etwas schönes zu sein. Man macht sich Sorgen über das morgen, woher Geld nehmen um seinen Kindern an Weihnachten anstatt Fufu oder Pâte mal Reis auf den Tisch zustellen, geschweige denn ihnen etwas schenken zu können. Um ein klein wenig Freude in den Advent zu bringen, haben Julia und ich eine Wichtelaktion gestartet. Oder eher gesagt einen Adventskalender gestaltet. Jeden Tag bekommen ein oder zwei Mitarbeiter ein Geschenk von uns. Es gibt für jeden ein Erwachsenen- und ein Kinder-T-Shirt, eine Sonnenbrille, einen BH, einen Kugelschreiber und ein Schulheft. Die Aktion kommt gut an und jeder findet ein paar passende Weihnachtsgeschenke. 
Wir haben ausserdem eine Weihnachtsfeier geplant. Jeder soll etwas zu Essen mitbringen, wir kümmern uns um die Getränke. Da gibt es schon das erste Problem, weil einige nicht einsehen, selbst etwas zur Feier beizusteuern. Auf den Vorschlag, dass sie die Mahlzeit, die sie an dem Abend eh daheim essen würden, einfach mitbringen sollen, reagieren sie eher skeptisch. Da muss ich mich ab und zu wirklich zurückhalten und einfach akzeptieren, dass ich nicht alles verstehe. Und vieles auch nach meinem Jahr hier nicht verstehen werde. Die Männchen in meinem Kopf wehren sich zum Teil auch heftigst dagegen. Wir werden trotzdem diese Feier veranstalten. Und wenn wenigstens die Hälfte dadurch einen schönen Abend erlebt, dann haben wir schon viel erreicht und die Motivation vielleicht ein bisschen steigern können. Wenn alles gut klappt organisieren wir noch eine Tombola. Es ist immer wieder spannend, wie die Menschen hier Veränderungen aufnehmen. Der Bericht folgt.

Einige von euch haben es bestimmt mitbekommen, dass am 1. Dezember Weltaidstag war. Hier immer wieder ein grosses Thema. Es gibt viele Aktionen in Schulen, Gesundheitszentren usw. Vorträge, kostenlose Aidstest und Kondome, Radiosendungen. Julia und ich haben mit Hilfe des technischen Direktors vom ABCN, einem Ausbildungszentrum für Handwerksberufe, einen Nachmittag für die Lehrlinge organisiert. Es ging darum in Gruppen selbst eine Präsentation zu erarbeiten, z.B. über die Geschichte, die Übertragung, die Prävention, die Pathogenese, die Symptome und die Behandlung von HIV/AIDS. Jede Gruppe hat dafür genügend Infomaterial erhalten. Gleichzeitig war es uns wichtig, dass die Schüler ihr eigenes Wissen mit einbringen. Und obwohl ich anfangs sehr skeptisch war, hat alles erstaunlich gut geklappt. Die Präsentationen waren überdurchschnittlich gut (obwohl es diese Arbeitsform hier nicht gibt), es wurde diskutiert, Fragen gestellt, zwischendurch ein Lied über AIDS gesungen, wenn die Gruppe zu unruhig wurde. Ein voller Erfolg und eine super tolle Erfahrung für uns als Organisatoren. Ein besonderes Highlight war die Vorführung des korrekten Gebrauchs eines Kondoms. Ein Schreinerlehrling hatte einen Holzpenis gebastelt. Die Vorführung eine Katastrophe. Zuerst wollten sie das Kondom mit einer Schere öffnen, dann mit den Zähnen. Niemals hätte ich mir diese Probleme vorstellen können. Die Gruppe hat getobt, angefeuert, ausgebuht. Ein witziges Spektakel, wenn es nicht so ernst wäre. Ich hoffe nur, dass jetzt alle Anwesenden wissen, wie man es auf keinen Fall machen sollte!

Das nächste grosse Ereignis wird der Besuch meiner Eltern diese Woche sein. Ich freu mich schon wahnsinnig darauf, ihnen endlich zeigen zu können, wie und was ich hier lebe. Am Telefon und per Mail lässt sich vieles nur schwer erklären. Es selbst zu erleben und zu erkunden, macht doch viel mehr Spass! Und das geschmacklose Fufu sollte man wirklich keinem vorenthalten :-)

P.S.: Für Bilder hat es diesmal leider nicht gereicht. Excusez-moi!

Freitag, 19. November 2010

Hilfe für Togo e.V.

Puh, die letzten zwei Wochen haben mich wirklich müde gemacht. Es waren aber auch die aufschlussreichsten und schönsten Wochen die ich bis jetzt erlebt habe und die eine große Veränderung für mich bedeuten.

Wie im letzten Eintrag berichtet, hat das Centre Solidarité am Mittwoch vor zwei Wochen Besuch von Hilfe für Togo bekommen. Insgesamt ist eine Gruppe von neun Leuten gekommen. Wir haben uns zusammen das Centre angeschaut und über einige Dinge geredet, wie z.B. einen Brunnen, eine Photovoltageanlage und eine Brücke, die das Viertel jenseits des Flusses hinter dem Centre an uns anbinden soll.



Frauen am Mono
Da wir uns auf Anhieb gut verstanden haben, hat mich die Gruppe eingeladen, mit ihnen nach Agbetiko an der Grenze zum Benin zu fahren, um dort eine vom Verein finanzierte Schule zu besichtigen und die Schäden nach den langen Regenfällen zu sehen. Nachdem ich mir die Erlaubnis meines Gastvaters und meiner Projektstelle geholt hatte, ging die Reise am nächsten morgen los. In Lomé haben wir eine Pause gemacht (mit Schweizer Wurstsalat) und sind dann weiter zu einem Freund und Partner des Vereins, wo wir mit Trompetenmusik empfangen wurden. Obwohl das Orchester bestimmt 20 Meter entfernt gespielt hat, haben wir uns kaum unterhalten können. Am nächsten Tag, nach einem kurzen Ausflug zum Mono-Fluss, der Grenze zwischen Togo und Benin, sind wir vor der neuen Schule mit einem rießigen TamTam empfangen worden. Es ist unvorstellbar, wie lange es gedauert hat, bis alle auf dem richtigen Platz saßen. Es wird lieber diskutiert als gehandelt. Letztendlich haben wir uns geeinigt und die großen Reden, gefolgt von lauter Musik und traditionellem Tanz konnten beginnen. Auch wenn es wirklich interessant war, so etwas mitzuerleben, war ich froh, als sich die Menge aufgelöst hat und wir unter dem stickigen Zeltdach an die zwar genauso heiße, aber doch auch frische Luft konnten. Im Anschluss haben wir uns noch ein Dispensaire (Dorfkrankenstation) angesehen, die, wie viele andere auch, in einem wirklich sehr schlechten Zustand ist. Am Samstag sind wir dann wieder viele Stunden zurück nach Kpalimé gefahren um am nächsten Tag aufs Plateau de Dayes zu fahren, das ca. 70 km nördlich von Kpalimé liegt. Das Reisen ist hier wirklich sehr anstrengend, weil es einfach heiß und staubig ist und die Straßen zum Teil in einem sehr schlechten Zustand sind, gespickt mit vielen Schlaglöchern. Das Klima auf dem Plateau war einfach herrlich. Abends hat es mich sogar gefroren, ich hatte gar nicht genug zum anziehen dabei. Das hätte ich mir gar nicht vorstellen können. Sehr angenehm! Wir haben bei einem Deutschen Herberge bezogen, der schon seit 30 Jahren in Togo lebt und auf dem Plateau für die landwirtschaftlichen Projekte des Vereins zuständig ist. Seine Frau hat uns mit den besten Mahlzeiten verköstigt, Rindfleisch aus eigener Produktion. Das ist hier sonst eher eine Seltenheit.

Bis zu unserer Heimreise am Freitag haben wir uns die Projekte von Hilfe für Togo angesehen. Dazu gehören diverse Schulen und Kindergärten mit Zisternen und Latrinen, Dispensaires, und Aufforstung mit schnellwachsendem Holz. In den Schulen haben wir Hefte und Trikots für die Schulmannschaft verteilt, was allen große Freude gemacht hat. Wir konnten uns zum Teil vor lauter Kindern gar nicht mehr retten.

süss, oder?
Das Highlight am Abreisetag war noch eine Vogelspinne auf unserer Terrasse.

Wieder zurück in Kpalimé haben wir noch die Lagerhalle mit den zwei Containern voll Sachspenden aus Deutschland gesichtet und teilweise verteilt. Es ist wirklich schade und demotivierend, wenn man Dinge, die bestimmt im Container waren, nicht mehr findet. Es gibt doch immer ein Schlitzohr, das sich bereichern will. Man kanns manchen nicht mal übelnehmen, wenn man die Armut hier sieht.
Am Dienstag haben wir noch den Fetischmarkt in Lomé besucht. Wahnsinn was da für Tierteile ausgestellt sind und die Leute glauben auch noch dran, dass ein bisschen gemahlener Elefantenknochen, gemischt mit Schlangenhaut und Krokodilaugen ihr Rheuma lindern kann. Anscheinend sind alle Tiere auf natürliche Weise gestorben, außer die Giftschlangen, die darf man töten.


harter Job!
Abends ist Hilfe für Togo wieder nach Deutschland in die Kälte gereist, es gibt wohl schon den ersten Schnee!? Geblieben ist mir Julia2, eine Freiwillige für drei Monate, die mit mir das Centre Solidarité unsicher machen wird. Wir werden unter anderem einen Fond verwalten, den Hilfe für Togo eingerichtet hat, um auch die medizinische Versorgung der ärmsten Schicht zu gewährleisten. Das ist eine große Herausforderung für uns, da sich kostenlose Versorgung schnell herumspricht und wahrscheinlich plötzlich alle mittellos sein werden. Es ist wie eine Gratwanderung zu entscheiden, wer wirklich bedürftig ist und wer nur heuchelt. Trotzdem eine super Erfahrung für uns.Wir haben ein eigenes Zimmer im Centre bekommen, in dem wir das gespendete Material, vor allem Spritzen, Kanülen und Verbandsmaterial lagern, dass dann für Sozialfälle verwendet wird. Wir haben gestern angefangen, alles auszupacken und zu sortieren. Eine Heidenarbeit, aber wir haben auch jeden Mange Gaudi dabei. Ich bin gespannt wie sich unser Projekt entwickelt und bete zum Dieu tout Puissant, dass wir nicht auf die Schnauze fallen.

Schaut doch mal bei http://www.hilfe-fuer-togo.de/ vorbei.

Dienstag, 2. November 2010

Abenteuer Lomé


Nach vier Wochen ‚härtester‘ Projektarbeit, haben ein paar Freunde und ich beschlossen, das lange Wochenende in Lomé zu verbringen und mal richtig auszuspannen. Es wurde höchste Zeit, aus Kpalimé rauszukommen um etwas anderes zu sehen. Nachdem ich am Freitag ein sehr motivierendes Gespräch mit dem Direktor meiner Projektstelle hatte (später mehr dazu), bin ich guter Dinge und voll Vorfreude auf den Weg nach Lomé (fünf von uns waren schon in der Früh losgefahren, Greg und ich sollten nach der Arbeit nachkommen). Das erste Problem stellte sich mir schon in Kpalimé, die Busse und Taxen nach Lomé waren alle leer. Bekanntlich fahren hier aber nur überfüllte Autos von A nach B. Ich bin dann kurzerhand mit dem Moto-Taxi nach Agou-Gare gefahren, wo ich mich mit Greg treffen sollte. Dort konnten wir uns vor Angeboten nach Lomé kaum retten und saßen nach einer lautstarken Diskussion (‚Nein, die fahren bei mir mit.‘ ‚Ich hab sie zuerst gesehen.‘ ‚Es geht aber immer der Reihe nach.‘) wenige Minuten später beide vorne in einem Kleinbus. Da es nur einen Beifahrersitz gibt, muss ich mich mit dem Mittelteil begnügen und die Kupplung zwischen den Beinen einfach so hinnehmen. Hier ist es halt so. Ohne weitere Zwischenfälle sind wir ca. 2 Stunden später in der Hauptstadt am Busbahnhof angekommen. Dort reißen sich gleich die Moto-Taxis darum uns weiter zubefördern. Wir sind aber nun mal nur zu zweit, da kann man beim besten Willen nicht mehr als zwei Fahrer engagieren. Im Hotel treffen wir uns mit den anderen, wir schlafen zu siebt in einem Raum. Mit Klimaanlage! Das versprechen angenehme Nächte zu werden, nachdem wir vom Hotel noch Matratzen für den Boden bekommen haben. Zufällig ist am selben Abend noch ein kleines ‚Oktoberfest‘ im Goethe-Institut. Auch hier wird der 200. Geburtstag mit Schunkeln und Bier gefeiert. Die Blaskapelle ist zwar eher dürftig, da die meisten das Original nicht kennen, fällt es nur wenigen auf. Das Bier aus Plastikbechern schmeckt auch eher schal, so dass wir uns entscheiden, den Rest des Abends woanders zu verbringen. Wir tanzen ausgelassen in einer menschenleeren (es ist ja auch gerade mal 20Uhr) Großraumdisko, bevor wir den Abend gemütlich auf der Terrasse vor unserem Zimmer ausklingen lassen.

 Den Samstag verbringen wir größtenteils am Strand in einem Hotel, da es anscheinend zu gefährlich ist, an unbewachten Stellen ins Wasser zu gehen. Aber auch hier trauen wir uns nicht sehr weit rein, die Strömung ist doch sehr heftig und der Boden fällt gleich stark ab. Wir genießen es trotzdem, besser als nichts. Die Urlaubsstimmung ist auf jedenfall da. Wir sind plötzlich keine Freiwilligen mehr, sondern einfach Touristen. Sorgenlos..., wenn uns nicht das Geld durch die Finger fließen würde. Immer Essen gehen, sich mal dies mal das gönnen, abends feiern, das erleichtert den Geldbeutel. Die nächsten Wochen werden wir uns zurückhalten müssen. Bis zum nächsten Kurztrip... Am frühen Abend holen mich die drei Hauptverantwortlichen der Verwaltung des CMS Solidarité ab, darunter auch mein Gastvater. Wir fahren an den Flughafen um eine Delegation von Hilfe für Togo e.V. zu empfangen. Sie werden drei Wochen in Togo bleiben und ihre verschiedenen Projekte besuchen. Unter anderem auch unser Centre. Da die Gruppe wohl nur wenig französisch spricht, soll ich morgen, wenn wir mit einem Besuch an der Reihe sind, als Dolmetscherin fungieren und davon überzeugen, dass wir viel Unterstützung benötigen, z.B. einen tiefen Brunnen mit Trinkwasser, damit das Wasser nicht länger teuer gekauft werden muss. Außerdem bräuchten wir dringend eine Solaranlage. Durch die häufigen Stromausfälle, ist die Arbeit vor allem nachts oft erschwert, Geräte gehen schneller kaputt, die Kühlkette der Medikamente wird ständig unterbrochen usw. Nur sind für derartige Investitionen keine Mittel da. Hoffentlich hat Hilfe für Togo e.V. was für uns übrig. Ich bin erstaunt über die Weitsichtigkeit der Pläne. Auf Dauer wird man einiges Geld sparen können und den Angestellten wieder mehr Gehalt geben können. Das wurde vor kurzem gekürzt, was die Arbeitsmotivation sichtbar senkt. Ein Teufelskreis. Ich glaube, die Direktion setzt große Stücke auf Verhandlungsgeschick... Etwas mulmig ist mir doch dabei, es steht vieles auf dem Spiel.

Zurück nach Lomé... Den Sonntag verbringen wir nach dem Besuch eines französischen Supermarktes am Pool im Ibis-Hotel. Wenn man aus dem badewannenwarmen Wasser steigt, ist die Umgebungstemperatur (ca. 35°Grad) eine richtige Abkühlung. 

Für einen Freiwilligen, der in Kpalimé geblieben ist, soll ich noch ein Paket abholen, dass ihm ein in Deutschland lebender Togoer auf Heimaturlaub mitgebracht hat. Eigentlich eine schnelle Sache, denke ich. Drei Stunden später, den Bauch voll mit Prinzenrolle (wie unglaublich gut das schmecken kann!) und einem guten Mittagessen, verabschiede ich mich endlich. In der Tüte noch eine große Tafel Milka-Schokolade, die ich mit den anderen innerhalb von wenigen Minuten verdrücke, nachdem wir dem geschmolzenen Schokobrei zwischen kalten Wasserflaschen wieder etwas Form gegeben haben. Lecker!!! 

Am Abend treffen wir uns noch mit ein paar Togoern, die einige von uns schon aus Kpalimé kennen und gehen ordentlich tanzen. Ich habe heute noch Muskelkater in den Oberschenkeln. Am Montag sind wir alle nur sehr schwer aus unseren Betten gekommen. Nachdem die Klimaanlage ausgefallen war, haben wir von einem netten Hotelwächter um 5 Uhr morgens noch einen riesigen eisernen Ventilator bekommen, der einem Helikopter fast Konkurrenz machen könnte. Aber besser zu laut als zu heiß und stickig. Auf der Heimfahrt kommen wir in einen heftigen Regenschauer. Unser Taxi ist natürlich nicht wasserdicht. Es tropft zwar nur in den Kofferraum, aber so wird unser Gepäck ziemlich nass. Ich bin auch froh wieder daheim zu sein, Lomé ist doch sehr anstrengend auch wenn es uns allen sehr gut gefallen hat und wir jede Mange Spaß zusammen hatten. Ich denke, es sind alle frühzeitig ins Bett gegangen.
einer unserer kleinen Patienten

In der Arbeit heute kam gleich mal mein Gastvater mit zwei Medikamentenfläschchen auf mich zu und fragte, ob ich ihm die spritzen könnte. Meine erste krankenschwesterliche Tätigkeit, abgesehen von Blutdruck und Temperatur messen. Richtig schöne Venen hat mein Papa, ein Traum! Später gab es noch eine kleine Réunion mit den Dreien von der Verwaltung. Wir haben besprochen, wie wir morgen vorgehen, wenn uns Hilfe für Togo e.V. besucht. Ich soll auch noch ausgebildet werden, an Schulen und Ausbildungstätten, Vorträge und Diskussionsrunden zu führen. Es gibt pro Gruppe sechs Module à zwei Stunden, in denen z.B. über Lebensplanung, Sexualität, Gesundheit, das Recht ‚NEIN‘ zu sagen und die Verbindung von Tradition und Neuem gesprochen wird. So langsam sehe ich einen Sinn in meinem Aufenthalt. Es wird mir bestimmt sehr viel Spaß machen. Bei der Gruppe von Hilfe für Togo e.V. ist noch eine Julia dabei, die gerade Abitur gemacht hat und drei Monate Praktikum bei uns im Centre machen möchte. Da sie auch im Rettungsdienst tätig ist, können wir vielleicht gemeinsam meinen Plan, Erste-Hilfe-Kurse anzubieten, verwirklichen. Zu zweit macht es bestimmt mehr Spaß. 

Ich freue mich schon, Euch berichten zu können, wie es mit den Dingen voran geht! Bis dahin alles Liebe und viele Grüße von einer sehr glücklichen Julia!!!

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Parasiten, Zöpfchen & Co.


Heute gibt es nur einen kurzen Bericht. Der Strom ist schon seit über 24 Stunden abgestellt und so muss ich leider Akku sparen. Ich hoffe, dass das Problem bald gelöst ist, da ich vor allem nachts die kühle Luft meines Ventilators vermisse! Da ist es schon einfacher, ab 18 Uhr im Dunkeln zu leben, als die ganze Nacht zu schwitzen.

meine Mama (r.), Beauté (ihre Schwester), Marie (meine Schwester)

Vor ein paar Tagen, habe ich es endlich gewagt, mich der langen Tortur zu stellen und Zöpfchen flechten zu lassen. Ganze fünf Stunden bin ich gesessen, während vier fleißige Togoerinnen mit flinken Händen die vielen kleinen Zöpfchen gezaubert haben. Puh, das tut zum Teil richtig weh. Aber wer schön sein will, muss bekanntlich leider! Wobei ich finde, dass den Einheimischen diese Art von Frisuren besser stehen.


Inzwischen hat es auch mich erwischt, zwar keine Malaria, dafür eine infection digestif. Fragt sich, was besser ist. Inzwischen bin ich aber wieder auf dem Berg, das Schlimmste ist überstanden. Wahrscheinlich hab ich irgendwas schlechtes gegessen oder getrunken. Das wird einem hier sicherlich noch öfter passieren, auch wenn man aufpaast, was und wo man isst.
Ich hoffe, dass es meinen Lesern allen gut geht und freue mich auf jeden Kommentar oder Mail von Euch!

Montag, 11. Oktober 2010

Gastfamilie

Inzwischen bin ich seit einer guten Woche in meiner Gastfamilie und arbeite endlich auch im Centre medico-santé Solidarité. Meine neue Familie, Mama, Papa und drei Kinder, wohnen zusammen mit Tante und Oma in einer Wohneinheit. Ich habe ein eigenes Zimmer mit Bad, wovon viele andere Freiwillige hier wohl nur träumen können. Es kommt mir so vor, wie wenn meine Familie eher zur wohlhabenden Mittelschicht gehört. Wir haben sogar eine richtige Küche mit Kühlschrank und ein großes Wohnzimmer mit TV und Musikanlage. Das ist hier keineswegs üblich.

Mein Papa arbeitet auch in meinem Centre, allerdings in der Verwaltung. Meine Aufgabe ist es im Moment die Patienten, die kommen aufzunehmen. D.h., dass wir Blutdruck und Temperatur messen und Größe und Gewicht aufschreiben. Dann gehts weiter zum Arzt oder ins Labor zum Blut abnehmen. Im Durchschnitt nehmen wir während meiner Arbeitszeit 5-15 Leute auf, meist abhängig vom Wetter, da bei Regen wohl keiner Lust hat zu kommen. Überhaupt kommt die togoische Bevölkerung wohl nur sehr ungern zum Arzt, da man ja alles bezahlen muss und es so daheim erstmal mal mit verschiedenen Kräutern probiert. Es gibt anscheinend vereinzelt Leute, die eine Versicherung haben, aber die müssen dann wirklich gut verdienen. Ich werde mich wohl noch daran gewöhnen müssen, dass es auch mal eine Stunde geben kann, in der gar kein Patient kommt. Ich versuche die Zeit zu nutzen, um Ewe zu lernen. Die Aussprache bereitet mir noch einige Schwierigkeiten, aber kleine Fortschritte sind zu bemerken. Meine Kollegen sind alle sehr nett, wenn auch nicht unbedingt arbeitswütig. Ich denke Workaholics wird man hier kaum finden.

Am Sonntag sind wir schon um 5Uhr aufgestanden um in den Gottesdienst zu gehen. Auch wenn man sich wirklich aus dem Bett quälen muss, ist Afrika im Morgengrauen wirklich ein Paradis. Es ist angenehm kühl, die aufgehende Sonne taucht alles in ein wunderschön warmes Licht und es sind kaum Autos und Motos unterwegs. Der Wind streicht durch die Palmblätter und kleine Ziegen laufen vereinzelte über die Straßen. Um 8Uhr knallt die Sonne dann meistens schon erbarmungslos vom Himmel und man kann sich gar nicht mehr daran erinnern, dass es hier auch mal kühl sein kann. Nachmittags bin ich mit meinen Geschwistern ins Schwimmbad gegangen, das war richtig erfrischend und lustig. Da es keine öffentlichen Bäder gibt, geht man einfach in die umliegenden Hotels, die einen Pool besitzen und kann dort für ein bisschen Eintrittsgeld den ganzen Tag verbringen.

Es gibt noch viele Dinge in der Familie, an die ich mich gewöhnen muss. Zum Beispiel essen wir fast nie zusammen. Jeder isst einfach wenn er Hunger hat. Ich dachte viel eher, dass das gemeinschaftliche Essen hier sehr wichtig ist. Vielleicht ist es auch nur in meiner Familie so. Auf jeden Fall gibt es noch viel zu entdecken und erkunden. Es wartet sicher auch noch das ein oder andere Fettnäpfchen auf mich...

Allerliebste Grüße aus Togo, à bientot...

Freitag, 1. Oktober 2010

Neues aus Kpalimé

Inzwischen ist schon ein Monat vergangen und ich kann sagen, dass ich mich gut eingelebt habe. Heute haben wir unser Workcamp beendet, es sind Ergebnisse sichtbar. Im Juli, wenn wir unsere Projekte beendet haben, werden wir ein weiteres Workcamp starten und eine neue Unterkunft bauen. Dann haben wir uns hoffentlich auch schon mehr an das Klima gewöhnt. Es schlaucht schon wirklich bei diesem feuchten Klima körperlich zu arbeiten. Meistens läuft einem gleich nach dem Duschen schon wieder der Schweiß runter und jetzt ist hier gerade mal Ende Winter.

Wenn alles gut läuft, werden wir morgen unsere Gastfamilien kennenlernen. Es gibt wohl ein paar Probleme alle Leute unterzubringen. Da werden einem die Unterschiede zu Deutschland sehr bewusst. Zu uns würde sicher kein Freiwilliger kommen, ohne dass eine Familie bzw. Unterkunft für ihn organisiert ist. Solange keiner auf der Straße schläft und was zu Essen hat, sind hier alles ganz relaxt und machen sich keine Sorgen.

Inzwischen haben wir auch schon die ersten Malaria-Opfer. Zwei von uns haben sich von den bösen Mücken stechen lassen und so gleich meine zukünftige Arbeitsstelle kennengelernt. Ansonsten geht es allen soweit gut. Mich haben auch schon jede Menge Mücken gepieckst, hoffentlich waren es nur liebe Moskitos!
Das beruhigende ist ja wirklich, dass die Ärzte sich hier mit Malaria bestens auskennen.

Ich freue mich wirklich, endlich in meine Gastfamilie zu kommen und ein eigenes Zimmer zu haben. Der Monat mit der Gruppe war wirklich super und gut für den Anfang um sich einzugewöhnen, aber so langsam wird es Zeit, dass wir uns richtig ins togoische Leben werfen. Es gibt inzwischen auch immer öfter Gereiztheiten in der Gruppe, die richtig nervig sein können. Kein Wunder bei so vielen Leuten auf so engem Platz.

Bald gibts neues aus der Gastfamilie... bis bald!

Samstag, 18. September 2010

bonne arrivée

Vielen Dank für eure Geduld. Endlich habe ich die Gelegenheit, von meinem Leben in Togo zu berichten. Das mit dem Internet ist hier nicht immer ganz so einfach.
Inzwischen bin ich zwei Wochen hier, es kommt mir aber schon viel länger vor. Wir sind eine Gruppe von sechzehn Freiwilligen, zum Teil vom ijgd, zum Teil vom SCI (service civil international). Den gesamten September verbringen wir noch zusammen bevor wir in unsere Gastfamilien kommen und mit unseren Projekten starten. Das ist ganz gut zur Eingewöhnung, da es doch ein paar Sachen gibt, die ganz anders als in Deutschland sind. So können wir vieles gemeinsam entdecken und unseren Gruppenleitern viele Fragen stellen.
Die ersten paar Tage nach unserer Ankunft sind wir noch in Lomé, der Hauptstadt, geblieben. Dort haben wir verschiedenen Ministerien und der deutschen Botschaft unsere Aufwartung gemacht. Wichtig für die interkulturelle Verständigung und den Austausch.
Vor eineinhalb Wochen sind wir dann nach Kpalimé gefahren, die Stadt, die die nächsten elf Monate meine Heimat sein wird. Kpalimé hat mir auf Anhieb total gut gefallen, nicht so laut und busy wie Lomé. Vorallem gibt es nicht ganz so viele Autos und Motorräder.
Wir wohnen in einem Haus mit drei Räumen, in denen wir wahllos unsere Moskitonetze aufgehängt haben und aus dem Koffer leben. Geschlafen wird auf dem Boden, glücklich ist, wer eine Isomatte daei hat. Nach einer Woche gönnen sich die meisten dann aber doch eine Schaumstoffmatratze, der Boden ist doch wirklich sehr hart und die ungewohnten Geräusche lassen einen doch eher unruhig schlafen. Z.B. kräht der Hahn hier schon gegen halb vier in der Früh und dann mindestens eine halbe Stunde lang, bis auch wirklich jeder wach ist.
In den vier Wochen, die wir vor unserem Projektstart zusammen verbringen, haben wir ein Orientierungsseminar und machen ein gemeinsames Workcamp. Unsere Vorgänger haben hier ein Jugendhaus gebaut, wir kümmern uns um den ‚Garten‘. Es sollen noch ein Spielplatz gebaut und Bäume und Blumen gepflanzt werden. Damit fangen wir wahrscheinlich am Montag an.
mein neuer Arbeitspatz
Letzte Woche habe ich mir schon mal meine Projektstelle angeschaut und meinen Chef kennengelernt. Ich werde im Centre Medico Social Solidarité arbeiten. In Deutschland gibt es nichts vergleichbares. Man geht dort hin wie zu einem Arzt, kann aber auch über Nacht bleiben, wenn es einem zu schlecht geht. Operiert wird dort nicht. Es gibt auch noch eine Küche für Bedürftige, ich denke da kann man sich zu den Mahlzeiten etwas holen. Mehr Infos dazu gibts dann im Oktober.

Sabrina und ich
Gestern haben wir einen Ausflug zu einem Wasserfall in den Nähe von Kpalimé gemacht. Die Natur ist wirklich wunderschön, man fühlt sich wie im Urwald. Fehlt nur das Gebrüll der Löwen.

So im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass ich mich schon sehr gut eingewöhnt habe und mich total wohl fühle. Ich freue mich auf das kommende Jahr...

Montag, 30. August 2010

Endspurt

So langsam wird es ernst... nur noch zwei Tage und das große Abenteuer beginnt: TOGO! Dank weltwärts und dem ijgd (Erklärungen dazu rechts) darf ich für ein knappes Jahr nach Afrika. Um alle, die leider nicht ins Gepäck gepasst haben auf dem Laufenden zu halten, habe ich diesen Blog hier gestaltet. Ich freue mich auf eure Kommentare!

Ganz lieb möchte ich mich bei allen bedanken, die mich im Vorfeld unterstützt haben, sei es meine Familie, meine Verwandtschaft, mein Freund, meine Freunde und Bekannten, aber auch alle Teilnehmer und Teamer der zwei Vorbereitungsseminare. Ohne eure seelische, vorbereitende, aber auch finanzielle Unterstützung wäre ich nicht weit gekommen. Ihr ward alle super!

Was genau ich in Togo machen werde, möchte ich euch erst von dort aus berichten. Also geduldet euch noch ein wenig, der nächste Eintrag wird kommen!