Mittwoch, 8. Dezember 2010

Advent, Advent, ein Büschlein brennt

Die Zeit vergeht gerade so rasend schnell, ich komm kaum noch dazu, euch über das Neuste zu informieren.

Am Sonntag haben wir schon den zweiten Advent gefeiert und anstatt eine Kerze anzuzünden, sieht man hier immer mehr Buschfeuer. Hinzu kommt noch der Staub des Hamatan (der noch nicht seinen Höhepunkt erreicht hat), der vielen Leuten zu schaffen macht. Gereizte Augen, trockener Husten, Schnupfen, mehr Parasiten. Der Staub ist einfach überall. Ein Graus für jede Hausfrau. Obwohl ich mich wirklich bemühe mein Zimmer sauber zu halten, kommt meine Gastmama immer wieder und meint dieses oder jenes sei zu dreckig. Der Kampf gegen die feinen Körnchen nimmt kein Ende.

Im Projekt läuft es mehr oder weniger gut. Meine Arbeit im Labor gefällt mir sehr gut. Ich mache hauptsächlich die Blutentnahmen, koloriere die Mikroskopplättchen und shaker mit meinen Mitarbeitern. Ich versuche sie bei Laune zu halten, denn das Klima im Centre verschlechtert sich von Tag zu Tag. Die Motivation der Angestellten fällt rapide und die Adventszeit scheint hier nicht unbedingt etwas schönes zu sein. Man macht sich Sorgen über das morgen, woher Geld nehmen um seinen Kindern an Weihnachten anstatt Fufu oder Pâte mal Reis auf den Tisch zustellen, geschweige denn ihnen etwas schenken zu können. Um ein klein wenig Freude in den Advent zu bringen, haben Julia und ich eine Wichtelaktion gestartet. Oder eher gesagt einen Adventskalender gestaltet. Jeden Tag bekommen ein oder zwei Mitarbeiter ein Geschenk von uns. Es gibt für jeden ein Erwachsenen- und ein Kinder-T-Shirt, eine Sonnenbrille, einen BH, einen Kugelschreiber und ein Schulheft. Die Aktion kommt gut an und jeder findet ein paar passende Weihnachtsgeschenke. 
Wir haben ausserdem eine Weihnachtsfeier geplant. Jeder soll etwas zu Essen mitbringen, wir kümmern uns um die Getränke. Da gibt es schon das erste Problem, weil einige nicht einsehen, selbst etwas zur Feier beizusteuern. Auf den Vorschlag, dass sie die Mahlzeit, die sie an dem Abend eh daheim essen würden, einfach mitbringen sollen, reagieren sie eher skeptisch. Da muss ich mich ab und zu wirklich zurückhalten und einfach akzeptieren, dass ich nicht alles verstehe. Und vieles auch nach meinem Jahr hier nicht verstehen werde. Die Männchen in meinem Kopf wehren sich zum Teil auch heftigst dagegen. Wir werden trotzdem diese Feier veranstalten. Und wenn wenigstens die Hälfte dadurch einen schönen Abend erlebt, dann haben wir schon viel erreicht und die Motivation vielleicht ein bisschen steigern können. Wenn alles gut klappt organisieren wir noch eine Tombola. Es ist immer wieder spannend, wie die Menschen hier Veränderungen aufnehmen. Der Bericht folgt.

Einige von euch haben es bestimmt mitbekommen, dass am 1. Dezember Weltaidstag war. Hier immer wieder ein grosses Thema. Es gibt viele Aktionen in Schulen, Gesundheitszentren usw. Vorträge, kostenlose Aidstest und Kondome, Radiosendungen. Julia und ich haben mit Hilfe des technischen Direktors vom ABCN, einem Ausbildungszentrum für Handwerksberufe, einen Nachmittag für die Lehrlinge organisiert. Es ging darum in Gruppen selbst eine Präsentation zu erarbeiten, z.B. über die Geschichte, die Übertragung, die Prävention, die Pathogenese, die Symptome und die Behandlung von HIV/AIDS. Jede Gruppe hat dafür genügend Infomaterial erhalten. Gleichzeitig war es uns wichtig, dass die Schüler ihr eigenes Wissen mit einbringen. Und obwohl ich anfangs sehr skeptisch war, hat alles erstaunlich gut geklappt. Die Präsentationen waren überdurchschnittlich gut (obwohl es diese Arbeitsform hier nicht gibt), es wurde diskutiert, Fragen gestellt, zwischendurch ein Lied über AIDS gesungen, wenn die Gruppe zu unruhig wurde. Ein voller Erfolg und eine super tolle Erfahrung für uns als Organisatoren. Ein besonderes Highlight war die Vorführung des korrekten Gebrauchs eines Kondoms. Ein Schreinerlehrling hatte einen Holzpenis gebastelt. Die Vorführung eine Katastrophe. Zuerst wollten sie das Kondom mit einer Schere öffnen, dann mit den Zähnen. Niemals hätte ich mir diese Probleme vorstellen können. Die Gruppe hat getobt, angefeuert, ausgebuht. Ein witziges Spektakel, wenn es nicht so ernst wäre. Ich hoffe nur, dass jetzt alle Anwesenden wissen, wie man es auf keinen Fall machen sollte!

Das nächste grosse Ereignis wird der Besuch meiner Eltern diese Woche sein. Ich freu mich schon wahnsinnig darauf, ihnen endlich zeigen zu können, wie und was ich hier lebe. Am Telefon und per Mail lässt sich vieles nur schwer erklären. Es selbst zu erleben und zu erkunden, macht doch viel mehr Spass! Und das geschmacklose Fufu sollte man wirklich keinem vorenthalten :-)

P.S.: Für Bilder hat es diesmal leider nicht gereicht. Excusez-moi!

3 Kommentare:

  1. Liebe Julia,
    klasse Dezemberbericht :-) Hab laut lachen müssen über die beschriebene Szene. Alle Mitarbeiter im Büro haben mich erstaunt angeschaut :-) Euch weiterhin viel Erfolg und viel Spaß mit Deinen Eltern!
    LG Anita

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  2. hallo liebe julia
    ich hab mein lachen auch nicht zurück halten können... :)
    hab gleich wieder allen (meiner familie) von dir berichtet!
    sie lassen dich alle ganz lieb grüßen!
    ich denke ganz fest and dich!
    und vermiss dich auch ganz doll!!!

    ganz liebe grüße aus deurigen

    PS: hab dir per studi geschrieben! bist da noch erreichbar?

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  3. Ich verstehe, was Sie meinen, wenn Sie vorschlagen, dass jeder seine Mahlzeit von daheim zu der Feier mitbringt. Das wäre in Deutschland kein Problem, im Gegenteil.
    Aber, in Togo, eine eigene Mahlzeit von zu Hause zu einer Feier mitzubringen? Was für ein Horror. Das macht man, höchstens, wenn man ein Pic-Nic organisiert. Wobei auch beim Pic-nic nicht die bloße Mittags- oder Abendmahlzeit von zu Hause mitgebracht wird, sondern ein für den Anlass speziell vorbereites Essen. Nicht zu vergessen, dass das, was zu Hause gegessen wird, mehr über die eigene „wirtschaftliche Lage“ sagt, als alle anderen äußeren Erscheinungen. Und diese fast „Intimsphäre“ wollen die Menschen nicht Preis geben, selbst für eine so wichtige Angelegenheit, wie das Weihnachtfest. Ich habe persönlich nicht in Erinnerung, dass Betriebe Weihnachtfeste oder andere Feiern zusammenfeiern. In der Regel gehen Leute in die Disko und amüsieren sich unter Freunden (Tanzen).
    Sie sagten: „wir werden trotzdem diese Feier veranstalten…“ . An ihrer Stelle, hätte ich stattdessen die Leuten gefragt, ob sie mir zeigen können, wie sie das Weihnachtfest feiern.

    Neulich habe ich eine Radiosendung ( HR-Info glaube ich) über das Thema „die Nutzung der Freiwilligen Sozialarbeit von jungen Europäern in Afrika und Entwicklungsländern gehört. Die Meinungen gehen auseinander. Der Eine sieht das negativ, weil die jungen Europäer Freiwilligen den gleichaltrigen Afrikanern die Arbeit wegnähmen. Der andere sieht das positiv, weil die Freiwilligen vor Ort immer willkommen seien. Ich finde es schon gut, dass junge Europäer ein Jahr ihres Leben investieren, um andere Leute und Kulturen kennen zu lernen. Und die Schwierigkeit, mit der Sie und ihre Freunde für eine weltweit zelebrierte Feier konfrontiert sind zeigt, dass „Voneinander Lernen“ keine leeren Wörter sind. Es braucht Mut und Überzeugung. Das, wünsche ich Ihnen und all ihren Kolleginnen und Kollegen.
    Übrigens, ist Fufu wirklich geschmacklos? Es kommt drauf an.
    Frohe Weihnachten und Guten Rutsch ins neue Jahr.
    Herr Toure

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