Freitag, 29. Juli 2011

Tu as une fois goûté ca?

Die letzten zwei Wochen meines Togo-Aufenthalts stehen bevor und die Gefühle sind gemischter denn je. Einerseits zieht es mich nach Deutschland, nach München, zu meiner Familie, meinen Freunden und dem deutschen Leben zurück. Das Leben dort ist für die anderen einfach weiter gegangen. Der ein oder andere vermisst mich vielleicht, doch kann ich nicht erwarten, dass sich nach meiner Rückkehr alles um mich dreht. Jeder hat seinen Alltag und ich komme von einer langen Reise zurück und werde mich erst einmal wieder zurecht finden müssen. Mit all dem Luxus und der Verschwendungssucht, überfüllten Supermärkten, großen teuren Autos, voll gestopfte Läden mit sinnlosem Schnickschnack. Andererseits endlich wieder anonym durch die Straßen gehen zu können ohne von jedem mit ‚hellooooo’, ‚Yovo!’ oder ‚tsssssss’ begrüßt und herbeigelockt zu werden. Sich nicht ständig beobachtet fühlen. Man lebt zwar in und mit der Gesellschaft, bleibt aber doch immer irgendwie etwas Besonderes. Die weiße Haut verrät einen immer wieder. 
 
das gesamte Team
Die letzten Wochen bin ich kaum zur Ruhe gekommen, von einem Event zum anderen gerannt. Angefangen hat alles mit drei Wochen Workcamp organisiert von unserer Freiwilligengruppe. Zusammen mit 10 nationalen Freiwilligen haben wir eine Woche einen Hang von ca. einem Hektar auf dem Agou (höchsten Berg Togos) aufgeforstet. Das Gelände gehört zu einem Collège und mit Hilfe des erwirtschafteten Geldes durch den Verkauf von Holz können neue Bäume gepflanzt, aber auch Schulbücher und andere unterrichtsrelevanten Materialien bezahlt werden. Außerdem hilft die Aufforstung gegen Erosion, die vor allem in der Regenzeit großen Schaden anrichten kann. Die Arbeit war wirklich hart, zum Glück hatten wir Hilfe von den Schülern des Collège. 

für's Foto reichts grad noch...
Die Arbeit mit der Machete im Busch verursacht nicht nur wunde Hände sondern übersät einen auch mit den größten und schmerzhaftesten Insektenstichen. Die Handhabung einer Machete war für uns Weiße auch nicht gerade einfach und es verlässt einen ab und zu der Mut, wenn man sieht wie leichtfertig ein 10-jähriger Schüler sich durchs Gebüsch schlägt und alles klitzeklein hackt ohne auch nur ein Zeichen der Müdigkeit. Oft hat mir das Hoch und Runter auf dem Berg schon die letzte Kraft geraubt. Diese verwöhnten Stadtkinder…!!! Doch trotz aller Wehwehchen und Entmutigungen sind wir am Ende der Woche mit dem Pflanzen von ca. 1000 Setzlingen fertig geworden und konnten ein rauschendes Fest feiern. Das Nationalgetränk, der Togogin hat alle Schmerzen vergessen lassen. Zumindest bist zum nächsten Morgen.

kurz vor der Aufführung
Die zweite und dritte Woche haben wir mit Schulkindern aus Kpalimé gearbeitet. In verschiedenen Workshops (Tanzen, Malen, Perkussion, Theater, Jonglieren und Akrobatik) haben wir eine wunderbar gelungene Veranstaltung am Ende des Workcamps erarbeitet. Durch die Zusammenarbeit mit den nationalen Freiwilligen sind auch noch einmal neue Freundschaften zwischen schwarz und weiß geknüpft worden. Schade, dass das für viele erst so spät statt gefunden hat.
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal allen für ihre großzügigen Spenden danken ohne die das Workcamp in dieser Form nicht hätte stattfinden können. Ich denke, dass es für jeden einzelnen eine Bereicherung des Aufenthalts war und man noch mal einiges über Land und Leute erfahren konnte. Auch wenn ich oft an meine Grenzen gestoßen bin, denke ich gerne an die gemeinsamen Wochen zurück.

Im Anschluss an das Workcamp folgte der Abschied der ersten Heimkehrerin. Ein merkwürdiges Gefühl. Die Gedanken an die eigene Heimreise holen einen ein, auch wenn man noch zwei Monate vor sich hat. Ein komisches Grummeln im Bauch macht sich bemerkbar.

Accra bei Nacht
Doch das ist alles schnell vergessen, denn eine kleine Gruppe Freiwilliger stürzt sich in das Abenteuer Ghana. Schon der Bus der uns nach Accra bringen soll, erinnert mich an die Business Class im Flugzeug. Die Temperatur ist genauso runtergekühlt und ich friere erbärmlich. Der Weg in die Hauptstadt lässt noch keinen großen Unterschied zu Togo erkennen doch das soll sich schon bald ändern. Accra empfängt uns mit herrschaftlichen Zubringern zu breiten, gut geteerten Straßen. Man sieht kaum noch ein Motorrad, stattdessen die neuesten Mercedes, BMW und andere Luxusmodelle. Urplötzlich fühlt man sich nach Europa versetzt, der Schock ist groß und man weiß gar nicht, wie man damit umgehen soll. Dass die Länder Afrikas unterschiedlich weit entwickelt sind weiß jedermann, aber wenn man es dann mit eigenen Augen sieht… ich konnte einfach nur staunen. Den ersten Tag in Accra haben wir uns dem Luxus gewidmet, die Accra Mall besucht, das Symbol des Reichtums. In so teuren Läden war ich selbst in Deutschland noch nicht. Das Kontrastprogramm dazu bekamen wir am nächsten Tag in Jamestown, einem armen Fischerviertel. Von einem Leuchtturm aus konnten wir ungestört das Treiben beobachten. Mittendrin traut man sich ja doch meistens nicht genau hinzusehen. Ich brauche etwas länger um diese krassen Unterschiede auf so engem Raum zu verdauen und auch wenn ich heute noch daran denke, wird mir ganz anders. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Eine knapp 30-stündige Fahrt mit einer Fähre auf dem Voltasee bringt uns weiter in den Norden. Es gibt nur drei Kabinen für die ‚Reichen’. Wir ergattern ein paar Holzbänke auf dem Oberdeck. Dort stinkt es zwar nicht so wie im unteren Teil, dafür bläst der Wind ganz schön kalt und die Nacht ist alles andere als angenehm. 
Sonnenuntergang auf dem Voltasee
Die Fahrt ist trotzdem entspannend, stellt sich nicht die Frage, was machen mit dem Tag. Einfach die Ruhe des Sees genießen, die Ufer mit seinen Wäldern und Hügeln bestaunen, beim Sonnenuntergang ein bisschen wehmütig werden und das bunte Treiben beim Auf- und Abladen der Waren an verschiedenen kleinen Anlegestellen beobachten. Noch einmal eine ganz andere Welt.
Die nächste geplante Stadt ist Kumasi, auch Millionenstadt, mit dem größten Markt Westafrikas. Eigentlich kann man sagen, dass die gesamte Innenstadt Markt ist. Wir wohnen sehr zentral, was leider auch bedeutet, dass von 6 bis 18 Uhr Autos huppen, Verkäufer ihre Waren laut anpreisen und Kinder um die Wette schreien. Alles andere als erholend. Zudem kommt noch, dass einer aus unserer Gruppe an einer schweren Malaria erkrankt und fast eine Woche das Krankenhausbett hüten muss. Die anderen reisen weiter, ich bleibe in Kumasi und statte brav morgens und abends den Krankenbesuch ab. Warum nicht auch einen Vorteil daraus ziehen und das ghanaische mit dem togoischen Gesundheitssystem zu vergleichen. Es gibt eine Krankenversicherung, allerdings funktioniert das Fieberthermometer nicht (was keiner merkt oder gar stören würde). Die Fieberkurve auf dem Papier sieht gut aus, warum geht es dem Patienten nur so schlecht? Es waren statt 37° einfach 39°C! Außerdem gibt es in dem gemischten Schlafsaal mehr Moskitos als ich sonst im ganzen Jahr gesehen habe. Auf meine Anmerkung hin, dass hier doch auch Malaria behandelt werden und die Anwesenheit der Überträger sicherlich nicht hilfreich sein würde, ernte ich ein herzliches Lachen. 
 
Schloss Elmina bei Cape Coast
Nachdem der Kranke wieder transportfähig ist, geht es zurück nach Accra (so eine schlechte Straße gibt es selbst in Togo nicht!), von wo aus er nach Togo zurückreist und ich noch drei Tage Cape Coast anhänge. Ich werde reichlich belohnt, eine kleine Küstenstadt zum Wohlfühlen. Doch auch geschichtsträchtig. Hier ist früher viel mit Gold und vor allem mit Sklaven gehandelt worden. Bei einer Schlossbesichtigung erfährt man unter welchen grausamen Bedingungen die Sklaven bis zu ihrer Verschiffung nach Amerika und Europa ausharren mussten. Da läuft einem nicht nur ein Schauer über den Rücken.
mit Ruth auf dem Entdeckungsreise
Nur zwei Tage nach meiner Heimkehr aus Ghana, kommt auch schon Ruth, eine Freundin aus Deutschland angereist um mich zu besuchen. Alles etwas anstrengend aber wir haben sehr schöne Tage in Lomé, Kpalimé und Atakpamé erlebt. Einen abenteuerlichen Spaziergang zu Togos größtem Wasserfall. Der Führer musste uns zweimal durch den Fluss tragen, da jetzt zur Regenzeit kein Durchkommen ist. Mit den Nilpferden hatten wir nicht so viel Glück. Mehr als ein paar Ohren und die Nasenlöcher haben wir leider nicht zu Gesicht bekommen.
Jetzt wird es Zeit, langsam allen Tschüss zu sagen, letzte Einkäufe zu tätigen und sich zu fragen, wie überhaupt ganz Afrika in meinen Koffer passen soll. Eigentlich will ich noch gar nicht weg. Togo ist doch auch mein Land geworden und ich überlege jetzt schon, wann ich zurückkommen werde. Kann ich einfach so von einem Leben ins andere wechseln? Alles was mir hier lieb und teuer geworden ist zurücklassen. Natürlich werde ich in Deutschland auch viel Vermisstes wieder finden. Aber der Abschied kommt nun mal vor dem Wiedersehen!

Samstag, 21. Mai 2011

Workcamp Kpalimé 2011




Hallo liebe Leute,

schaut doch bitte mal auf folgender Seite vorbei!


http://workcampkpalime2011.blogspot.com/


Liebste Grüße aus Togo und bis bald!

Donnerstag, 14. April 2011

8 Tage, 1000 km, 14 verschiedene Taxis

Ob es heute wohl noch weiter geht?

Urlaub. Kaum hat man den Rucksack auf dem Rücken wird man vom Freiwilligen zum Touristen. Die Abenteuerlust ist groß. Eine Gruppe Weiße geht auf Reisen. Alle freuen sich, frische Luft zu schnuppern und ihre momentane Wahlheimat zu erkunden. Es geht auf in den heißen Norden. Auf der Strecke bis nach Kara sind wir zu acht, später trennen wir uns in kleinere Gruppen auf. Ursprünglich war für den ersten Tag eine Strecke von ca 300km bis nach Sokodé geplant. Unter guten Umständen locker vor Dunkelheit zu erreichen. Tagesbilanz: ca. 40km in 7 Stunden bis nach Notse, wobei wir die letzten zwei km mit dem Moto bestreiten mussten. Defekter Kühler. Die Abstände zwischen den Stopps wurden immer länger. Die notdürftigen Reparationspausen immer länger. Als geübte Wahlafrikaner haben wir trotz gefühlter 40 Grad einen kühlen Kopf behalten und alles mit Gelassenheit beobachtet. Wer erwartet, dass irgendetwas wie geplant verläuft, hat hier verloren. Die Freude wenn etwas dann doch auf Anhieb klappt, ist um so schöner. Kurz vor der Dämmerung haben wir uns dann doch dazu entschlossen den Fahrer zur Rückzahlung des Fahrtpreises zu bewegen und mit dem Moto nach Notse zu fahren. Keine leichten Verhandlungen, vor allem wenn man keinen Taschenrechner dabei hat.
Die nächste Etappe (also immer noch Endziel Sokodé) haben wir ganz gut hinbekommen. Das Buschtaxi hatte zwar absolut keine Power (was beim Fahrstil mancher von Vorteil ist) und musste wegen klemmender Gangschaltung des öfteren am Straßenrand notbehandelt werden, hat uns aber letztendlich wohlbehalten in Sokodé abgeladen, wo wir kurz entschlossen gleich das nächste Fahrzeug nach Kara genommen haben. Kara soll schöner als Sokodé sein. Den letzten Teil der Reise haben wir dann doch im Dunkeln gemacht, mit zerkratzter Windschutzscheibe und wenig Weitsicht. Es gibt eigentlich kein öffentliches Verkehrsmittel an dem es nicht irgendeinen Defekt gibt. Manchmal fragt man sich wirklich, welche Macht das Auto eigentlich noch zusammenhält.
Den nächsten Tag haben wir in Kara auf dem Markt verbracht. Wenn man einmal in den Kaufrausch verfallen ist, kann man sich kaum noch bremsen. Aber ich denke, das Geld kommt bei den richtigen an. Das Wühlen, Feilschen und Schnäppchen machen macht auch einfach Spaß.
Mit fünf verschiedenen Verkehrsmitteln, vom Mototaxi über Auto und Bus, sind Sabrina, Florian und ich über die Grenze nach Benin (die Straßen in Benin sind ein Traum, mit richtig durchgehendem Belag uns so!!!) und Richtung Pendjari National Park, den wir mit Jeep und Guide am nächsten Tag besucht haben. Für hiesige Verhältnisse hatten wir echt Glück. Löwen, Elefanten, Hippos, Krokodile, Affen, Antilopen und jede Menge Vögel (vom Minipiepser bis zum Fischadler). Nach staubiger und anstrengender Tour haben wir uns noch ein Bad im Wasserfall genehmigt. Anscheinend ist das Becken 35m tief. Was es da wohl für Bewohner gibt? Auf dem Weg zurück nach Togo (das Visum gilt nur für 48Stunden), sind wir über das Weltkulturerbe Koutammakou gefahren. Dort gibt es die Tatas, die Häuser der Bevölkerung des Nordens. Im Erdgeschoß sind Küche, Fetischaufbewahrung und Viehstall. Oben Schlafloch, Vorratstürmchen und Dusche. Bis zu 10 Leute wohnen in so einem Rundhaus. Oft der Hausherr mit seinen Frauen und Kindern. Im Süden ist es eher unüblich, dass die Frauen zusammenwohnen. Die Tatas werden von der Familie innerhalb von zwei Monaten selbst gebaut und halten ca. 5 Jahre, je nachdem wie sehr Wind und Wetter die Mauern bearbeiten. Wirklich beeindruckend diese Häuser und die Geschichten dazu.

Von Kara zurück in den Süden nach Lomé haben wir uns einen großen Reisebus gegönnt, der ohne längere Zwischenhalte in 8 Stunden die 400km zurücklegt. Es hat tatsächlich geklappt! Nach einer längeren Hotelsuche (nach den Ereignissen an der Elfenbeinküste sind viele Menschen nach Togo geflohen) haben wir zufällig die anderen Freiwilligen wieder getroffen und den Urlaub mit einem Diskobesuch in Lomés größtem Nachtklub beschlossen. Alles in allem war es eine wunderbare Woche und ich habe viel Neues entdeckt und erlebt.

Seit Montag geh ich wieder in die Arbeit. Ich bin inzwischen auf der Frauenstation. Dort werden vorgeburtliche Untersuchungen, Impfungen, Familienplanung und Geburten durchgeführt. Alles neu für mich und ein sehr interessantes Arbeitsfeld. Heute Morgen habe ich meine erste Geburt miterlebt, ein schöner Moment. Trotzdem wollte ich hier kein Kind auf die Welt bekommen, so wie die Geburtshelferinnen auf dem Bauch rumdrücken. Das sah nicht gerade professionell aus. Die Methoden sind doch ganz andere als bei uns. Ich freue mich, zu beobachten und vielleicht auch bald ein Baby auf die Welt zu holen. 


Wer zahlt darf mit...

Nicht alle kommen ans Ziel!

Müde aber glücklich kurz vor Kara


Oh?! Der Tacho funktioniert!

Motofahrt zum Nationalpark 





Da lohnt sich das Bad im Wasserfall......




Tata

Tata mit Fetisch im Vordergrund

"Schlafzimmer" 
Tankstelle


Dienstag, 15. März 2011

¼ Jahrhundert und dicke Party

Ich erinnere mich gerne an meine Geburtstagsfeier vergangenes Wochenende, allerdings bin ich auch froh, dass ich es hinter mir habe. Es war doch eine ziemlich anstrengende Geschichte für mich und das liegt vermutlich nicht an meinem jetzigen alten Alter J  Die Vorbereitungen allein haben mich zum Teil schon zur Verzweiflung gebracht. Keiner wusste genau, wie viel 30 Gäste essen und trinken. Ich war mir ziemlich sicher, dass auch jede Menge Leute kommen würden, die nicht eingeladen waren und die natürlich auch eine Mahlzeit einfordern würden. An sich ist das ja kein Problem, wenn für uns auch ungewöhnlich, nur ist es nicht gerade hilfreich für die Planung. 

Meine Gastmama konnte es sich nicht nehmen lassen, bestimmte Zutaten in Lomé einzukaufen. Es ist dort zwar ein wenig günstiger, nur würde sich bei uns schon aus reiner Bequemlichkeit keiner in einen stickigen Bus setzen und 2 ½ Stunden hin und zurück fahren, wenn er auch um die Ecke einkaufen könnte.

"ob wir das rechtzeitig schaffen?"
Auf dem Speiseplan stand grüner Salat mit Tomate, Ei, Zwiebel und Thunfisch. Als Hauptgericht hatten wir Ablo (kleine klossartige Dinger auf Maisbabis) mit Fleischgemüsesoße und Ananas- bzw. Mangostücke zum Nachtisch geplant. Als endlich alle Zutaten zusammengetragen waren, konnte das große putzen, schälen und schneiden beginnen. Wir waren den ganzen Samstag damit beschäftigt und es hat wirklich jeder in der Familie mitgeholfen. Insgesamt acht fleißige Helfer plus meine zwei Cousins, die die geliehenen Stühle vom Staub befreit haben. Und es hätten nicht weniger sein dürfen. Die Stimmung während der Vorbereitungen war allerdings nicht die beste. Meine Gastmutter war, wahrscheinlich aufgrund ihrer Lomé-Reise ziemlich müde, dadurch schlecht gelaunt und hat das an den anderen Familienmitgliedern raus gelassen. Manchmal ist es doch schon, kein Ewe zu verstehen und einfach sein Ding zu machen. Ich wollte mir davon nicht meine Party verderben lassen. 

Geburtstagskind Nr.2 Hervé (re.)
Übrigens war es gar nicht „nur“ meine Party. Mein Gastcousin Hervé hat nämlich am selben Tag Geburtstag  und ist 19 Jahre als geworden. Ich habe ihm gesagt, dass er auch ein paar Freunde einladen kann. Dafür, dass die erste spontane Antwort war, dass er keine Freunde habe, sind dann doch einige gekommen. Überhaupt war die Gästewahl gar nicht so einfach. Obwohl ich mir alles gut überlegt habe, musste ich mir immer wieder Sätze anhören wie „Du hast mich gar nicht eingeladen“ oder „Warum kommt der X denn nicht?“ Wenn ich es allen hätte Recht machen wollen, dann hätten wir vielleicht für 100 Leute kochen müssen. Ich hab ziemlich schnell für mich beschlossen, diese Vorwürfe nicht an mich rankommen zulassen. Die Leute, mit denen ich feiern wollte, waren eingeladen. Basta.

bon appétit
Um 19 Uhr sind dann langsam die Gäste eingetroffen und mein Gastvater hat erstmal eine Runde Whiskey ausgegeben. Zum warm werden sozusagen. Mir war so schon ziemlich heiß! Das Essen verlief super, es hat allen geschmeckt und es konnten alle ungeplanten Besucher befriedigt werden. Wir konnten sogar noch die nächsten Tage satt werden. Doch so richtig genießen konnte ich die Feier noch nicht, da immer wieder meine Gastmutter oder ihre Schwester zu mir kamen und meinten, man müsse jetzt dieses oder jenes machen. Irgendwie ging denen das alles nicht schnell genug. Gemütlich am Tisch sitzen und ratschen ist wohl eher unüblich, außerdem sollte noch eine Musik- und Tanzgruppe auftreten (die Mitglieder sind zufällig etwas früher gekommen, man könnte ja noch was zu Essen abstauben), für die der Hof frei geräumt werden musste. Also schnell alles abräumen. Die Gruppe in der auch mein anderer Cousin Eloge mitmacht, hat recht gut Stimmung gemacht, zwischendurch durften auch die Zuschauer mittanzen.

Eloge (m.) beim Tanzen
Der offizielle Teil war für damit beendet und für mich wurde es etwas entspannender. Nach einigem Hin und Her sind wir dann noch in eine Bar und haben den Abend ausklingen lassen. Um 4Uhr sind dann auch die Lichter ausgegangen und ich war ziemlich froh, ins Bett zu kommen.

Mittwoch, 2. März 2011

OP-Luft schnuppern

Am Dienstag hatte ich die Gelegenheit einer Hysterektomie (Entfernung der Gebärmutter) beizuwohnen. Kwami, Mentor der Freiwilligen in Agou, hatte mich zu seiner Arbeitsstelle im Krankenhaus Bethesda in Agou-Nyogbo eingeladen (Haupthandlungsort des Buchs „Fufu ist keine Götterspeise“ von Dieter Jacobi). Er arbeitet dort als Anästhesist. Der Einladung bin ich nur allzu gerne gefolgt, da es mich schon immer interessiert hat, wie hier operiert wird.

Im Großen und Ganzen ist es wie bei uns. Es gibt einen Patienten, einen Anästhesisten mit Helfer, ein oder zwei Chirurgen mit Helfer und einen Springer. Die Gerätschaften sind zwar weniger modern und zahlreich, aber es hat alles funktioniert.

OP-Saal
Der Unterschied: mobile Patienten laufen in den OP, es sieht nicht alles unbedingt sauber aus, Fenster und Türen sind aus Holz, es gibt weniger Einmalartikel, vor allem was Arztkittel und OP – Tücher angeht. Die meisten Patienten, die am Unterkörper operiert werden, bekommen eine Peridualanästhesie, also ein Betäubungsmittel in die Wirbelsäule, d.h. sie sind während der gesamten OP wach. Bei unserer Patientin ist wie gesagt die Gebärmutter, die voll mit Myomen war, entfernt worden. Das hat knapp drei Stunden gedauert. Ich weiß nicht, ob ich das verkraftet hätte. Auch ein Unterschied. Die Patienten werden hier nicht so mit Samthandschuhen angefasst wie bei uns. Da geht es oft recht ruppig zu. „Stell dich doch nicht so an!“, „Das könnte viel schlimmer sein“. Der Patient muss ja auch jedes Medikament selber zahlen. Wenn er sich keine Schmerzmittel leisten kann, muss man es halt so machen. Zähne zusammenbeißen und durch.
Das ganze hört sich jetzt vielleicht so an, wie wenn viele Patienten schreiend und winselnd im Krankenhaus liegen. Ist nicht so! Man kümmert sich um jeden. Das schlimme ist nur, dass viele erst recht spät kommen, wenn es ihnen schon richtig schlecht geht. Man probiert oft erstmal mit Kräutern, Tees, Medizinmännern. Das kann in bestimmten Fällen sicher helfen, aber manchmal kann eben nur die Schulmedizin Erleichterung verschaffen.
Noch mal zurück zu der Patientin. Wenn sie ihre Gebärmutter beerdigen möchte, darf sie sie mit nach Hause nehmen. Noch ein Unterschied.

Rami (Volontär),
Yannick (Anästhesiepfleger) und ich
Insgesamt hat mir der Tag im OP sehr gut gefallen, es war super interessant und das gesamte Team war echt nett und aufgeschlossen. Wenn ich die Erlaubnis bekomme, werde ich jeden Dienstag (Dienstag und Donnerstag sind OP-Tage) ins Krankenhaus fahren. Die Abwechslung tut gut und man kann noch einiges lernen. Gleichzeitig kann ich den Rest des Tages in Nyogbo auf dem Dorf verbringen, wo es meistens ein paar Grad kühler (oder eher weniger heiß) ist und vor allem kann man sich von Staub und Lärm in Kpalimé erholen.

Ansonsten vergeht die Zeit rasend schnell, von Samstag auf Sonntag feiere ich meinen 25. Geburtstag. Es gibt eine große Party, die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Ich habe das Gefühl, dass meine Gastmama ziemlich unter Strom steht. Es muss alles perfekt werden!




Donnerstag, 10. Februar 2011


Allerhöchste Zeit Euch mal wieder ein Lebenszeichen von mir zu senden.

letzte Stunden zusammen
Der Januar war ein sehr turbulenter Monat. Nach den Feiertagen wieder in den Alltag finden und gleichzeitig der ständige Gedanke an Julias Abreise (25.01.). Wir haben in den drei Monaten so viel miteinander erlebt, dass ich mir gar nicht so richtig vorstellen konnte, wie es ohne sie werden würde. Das Wochenende vor ihrem Abflug war voll gepackt mit Abschiedsfeiern, die uns zum Teil unendlich traurig gestimmt haben. Andererseits bin ich aber total glücklich, sie überhaupt kennen gelernt zu haben und so eine tolle Zeit mit ihr gehabt zu haben. Danke Julia! 

Zu dem kam auch noch ein massiver Kulturschock Mitte Januar. Auf dem Vorbereitungsseminar sind wir schon davor ‘gewarnt’ worden, aber dass es so heftig werden würde, hätte ich nie gedacht. Ich war von ganz Afrika und seinen Leuten enttäuscht, hatte das Gefühl niemandem vertrauen und überhaupt nur oberflächlich mit meinen Mitmenschen reden zu können. Egal was ich von mir preisgegeben habe, wusste am nächsten Tag mindestens eine weitere Person. Das hat mich wirklich beschäftigt und vor allem traurig gemacht. Auch meine Frage an mehrere Togoer, ob sie denn einen besten Freund hätten, dem sie alles anvertrauen können, wurde zu 100% verneint. Das hat mich wirklich geschockt! Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Einen richtigen Austausch auf Gefühlsebene scheint es hier selten zu geben. Wenn man gesund ist und genug  zu Essen hat, dann ist alles gut. Das ist natürlich auch verständlich in einer Welt, in der es hauptsächlich darauf ankommt, satt zu werden, ich kann mir aber gut vorstellen, dass es Menschen gibt, die auch mal persönliche und intime Probleme haben. Naja…, der Schock ist inzwischen verklungen, ich kann das akzeptieren und weiβ inzwischen, was ich sagen kann und was nicht. Für den Rest habe ich ja noch meine europäischen Freunde. Was ich nur schade finde ist, dass ich so niemals eine tiefgehende Freundschaft mit einer/einem Afrikaner/-in eingehen kann, wenn ich ständig Angst haben muss, dass meine Gedanken und Probleme bei ihm/ihr nicht gut aufgehoben sind. Ich werde weiter auf die Suche gehen und eine/-n finden!

Léon, Julias, Olympio, Marie
Vor ca. drei Wochen hatten Julia, ihre Gasteltern und ich die große Ehre Jules Christ Olympio persönlich kennen zu lernen. Ich wusste auch nicht wer er ist. Olympio ist der Sohn von Togos erstem Präsidenten Sylvanus Olympio, der 1963 (3 Jahre nach seinem Amtsantritt und der Unabhängigkeit von Togo) umgebracht wurde. Er hat viel für sein Land gekämpft und war beliebt beim Volk. Wir haben ihn zufällig beim Mittagessen in der Nähe von Kpalimé gesehen. Julia’s Mama Marie war gleich ziemlich aufgeregt, so eine Persönlichkeit aus der Nähe zu sehen und als man uns vorschlug Olympio zu begrüßen, ging es mir ähnlich. Er war sehr nett und interessiert und wir konnten ein paar Fotos machen. Wir Mädls waren noch die ganze Heimfahrt aus dem Häuschen. Der 16. Januar ist zu unserem persönlichen Feiertag geworden. Eine kleine lustige Spinnerei!

Das vergangene Wochenende hatten wir unser Zwischenseminar, am Dienstag ist das Centre de Jeunesse, an dem wir im September während unseres Workcamps noch gearbeitet hatten, eröffnet worden. Bei dem Seminar ging es diesmal hauptsächlich um die Gastfamilien. Es war schön zu hören, dass es in den meisten Familien sehr gut läuft. Natürlich gibt es immer mal wieder kleine Unzufriedenheiten, aber in welcher Familie gibt es die nicht?!?

Jacques
Hervé, Eloge und Sabrina
Gestern habe ich meine drei Geschwister und zwei Cousins zu einem Familienausflug ins Schwimmbad eingeladen. Meine zwei Cousins, Eloge (23) und Hervé (20) waren vorher noch nie schwimmen. Die ersten Versuche waren dafür erstaunlicherweise sehr gut. Mit Schwimmflügeln ist alles möglich! Auch wenn sie an einem durchtrainierten Oberarm wirklich witzig aussehen. Mein kleiner Liebling Jacques (7) darf seit ein paar Wochen auch endlich ins Wasser, was ihm wirklich groβe Freude bereitet.






Inzwischen zieht sich der Hamatan wieder zurück und es wird immer heiβer. Februar und März sind die heiβesten Monate hier (Trockenzeit) bevor im April die Regenzeit wieder anfängt.




Ich schicke an alle die bibbernd in Europa sitzen heiße Grüβe aus Togo! Man glaubt es kaum, aber unser Schmuddelwetter fehlt mir ein bisschen…

Samstag, 8. Januar 2011

Ein neues Jahr

kleine Weihnachtsdeko
Wie schnell die Zeit doch vergeht. Ehe man sich versieht, hat man Weihnachten, Urlaub auf dem Plateau, Silvester und die erste Woche im neuen Jahr hinter sich gebracht. Es war eine sehr abwechslungsreiche Zeit. Die Weihnachtstage waren leider von Missstimmungen in der Familie geprägt, vor allem ausgelöst durch sprachliche Missverständnisse mit meiner Gastmutter. Das hat sich glücklicherweise wieder gelegt und wir verstehen uns besser denn je. Schön, dass solche Probleme durchaus förderlich für zwischen-menschliche Beziehungen sein können. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass Weihnachten ist, hätte sich der Tag (25.12.) nicht groß von anderen Tagen abgehoben. Wir (damit meine ich die Erwachsenen; wobei immer betont wird, dass Weihnachten das Fest der Kinder ist) haben abends zusammen gegessen, ich habe meine Geschenke verteilt und anschließend sind wir ein bisschen durch die Straßen spaziert (überall Menschen, Party, Musik) und haben in der Bar nebenan ein Bier getrunken. Es hat aber sicher auch viel mit meiner persönlichen Stimmung zu tun gehabt, dass mir das ‚Fest’ als nicht besonders gelungen und vor allem weihnachtlich erschienen ist.

auf dem Plateau
Die darauf folgenden Tage auf dem Plateau dagegen waren einfach toll. Den ganzen Tag nichts tun, die Kühle genießen und Abstand vom alten Jahr gewinnen. Es war bitter nötig Kraft zu tanken, ich war wirklich ausgelaugt und meine Nerven kurz vor dem zerreißen. Da haben die endlosen Gespräche mit Julia auf dem Plateau wirklich gut getan. Ich weiß, dass sie mich versteht, weil sie wie eine ‚Weiße’ denkt und inzwischen auch schon seit zwei Monaten in Togo lebt und die Umstände kennt. Das Gefühl des Verstanden-Werdens hatte ich bisher nur sehr selten im Gespräch mit einem Togoer. Die Lebensweisen sind einfach zu unterschiedlich. Man könnte manchmal meinen, dass man von verschiedenen Planeten kommt. Auch ich verstehe vieles was hier getan/gedacht wird nicht, oft kann ich nur den Kopf schütteln und versuchen, es zu akzeptieren, auch wenn es immer wieder schwer fällt und viel Toleranz abverlangt. Julia wird mir sehr fehlen, am 25. Januar ist ihr Togoaufenthalt leider zu Ende. Ich habe in ihr eine tolle Kollegin und Freundin gefunden.
Auf dem Plateau haben wir unter anderem auch das Kloster (Abbaye de l’Ascension) in Danyi-Dzogbegan besucht. Es war wie eine Phantasiereise die Ruhe, die Stille und den Frieden dort zu erleben. Rausgerissen aus dem Alltag, habe ich die Schönheit des Lebens in mich aufgesogen. Was für ein wohliger Schauer wenn die Mönche singen. Ich werde auf jeden Fall dorthin zurückkehren.

Am 31. sind wir wieder nach Kpalimé zurückgefahren, eine sehr staubige Angelegenheit. Der Hamatan ist inzwischen richtig stark geworden. Die Sonne kommt vor lauter Sand in der Luft kaum noch durch. Wie ein dichter Nebel legt sich der Sand über das Land. Mein weißes T-Shirt war mehr rot als weiß, auf meinen Brillengläsern eine dicke Staubschicht und sonst sieht man schön braungebrannt aus. Bis man sich gewaschen hat!

Partystimmung in der Kirche
Nach dem Abendessen, bin ich mit meiner Mama, meiner Tante und den Geschwistern in die Kirche. Von neun bis halb eins! Es wurde gesungen, getanzt, gepredigt, gebetet. Ich hatte keine Ahnung wie das abläuft und bin davon ausgegangen, dass man um Mitternacht wieder daheim oder in einer Bar ist. Als sich um fünf vor zwölf alle auf den Boden gekniet haben zum Beten, war ich wirklich überrascht. Jeder geht für sich selbst ins neue Jahr, zusammen mit Gott. Um Mitternacht läuten die Glocken, es wir Halleluja gesungen und wieder gebetet. Erst dann, wenn das Jahr schon eine viertel Stunde alt ist, umarmt man sich und spricht Wünsche aus. Ein bisschen überfordert hat mich das in dem Moment ehrlich gesagt schon. Trotzdem war es ein wunderbares Erlebnis, die Ausgelassenheit der Afrikaner mit zu erleben. Und die tollen bunten Gewänder! Wenn ich da an unsere tristen schwarzen, grauen oder brauen Kleider daheim denke… Die Straßen waren wie ausgestorben, nichts los in den Bars. Mein Gastpapa hat den ganzen Abend vor dem Fernseher verbracht, was mich wirklich traurig gemacht hat. Wieder mal etwas, das ich nicht verstehe.

Seit Montag ist der Alltag wieder eingekehrt, die Arbeit im Labor geht weiter. Von den ursprünglich drei Mitarbeitern dort, ist nur noch einer übrig (einer hat sein Praktikum beendet, der andere ist für einen Monat im Urlaub). Ich habe also den Bereich Blutentnahme übernommen und bin dort mehr oder weniger allein verantwortlich. Das macht einerseits großen Spaß, andererseits ist es manchmal aber auch schwierig, vor allem wenn der Patient nur wenig oder gar kein Französisch versteht. Trotzdem eine willkommene Herausforderung.