Montag, 11. Oktober 2010

Gastfamilie

Inzwischen bin ich seit einer guten Woche in meiner Gastfamilie und arbeite endlich auch im Centre medico-santé Solidarité. Meine neue Familie, Mama, Papa und drei Kinder, wohnen zusammen mit Tante und Oma in einer Wohneinheit. Ich habe ein eigenes Zimmer mit Bad, wovon viele andere Freiwillige hier wohl nur träumen können. Es kommt mir so vor, wie wenn meine Familie eher zur wohlhabenden Mittelschicht gehört. Wir haben sogar eine richtige Küche mit Kühlschrank und ein großes Wohnzimmer mit TV und Musikanlage. Das ist hier keineswegs üblich.

Mein Papa arbeitet auch in meinem Centre, allerdings in der Verwaltung. Meine Aufgabe ist es im Moment die Patienten, die kommen aufzunehmen. D.h., dass wir Blutdruck und Temperatur messen und Größe und Gewicht aufschreiben. Dann gehts weiter zum Arzt oder ins Labor zum Blut abnehmen. Im Durchschnitt nehmen wir während meiner Arbeitszeit 5-15 Leute auf, meist abhängig vom Wetter, da bei Regen wohl keiner Lust hat zu kommen. Überhaupt kommt die togoische Bevölkerung wohl nur sehr ungern zum Arzt, da man ja alles bezahlen muss und es so daheim erstmal mal mit verschiedenen Kräutern probiert. Es gibt anscheinend vereinzelt Leute, die eine Versicherung haben, aber die müssen dann wirklich gut verdienen. Ich werde mich wohl noch daran gewöhnen müssen, dass es auch mal eine Stunde geben kann, in der gar kein Patient kommt. Ich versuche die Zeit zu nutzen, um Ewe zu lernen. Die Aussprache bereitet mir noch einige Schwierigkeiten, aber kleine Fortschritte sind zu bemerken. Meine Kollegen sind alle sehr nett, wenn auch nicht unbedingt arbeitswütig. Ich denke Workaholics wird man hier kaum finden.

Am Sonntag sind wir schon um 5Uhr aufgestanden um in den Gottesdienst zu gehen. Auch wenn man sich wirklich aus dem Bett quälen muss, ist Afrika im Morgengrauen wirklich ein Paradis. Es ist angenehm kühl, die aufgehende Sonne taucht alles in ein wunderschön warmes Licht und es sind kaum Autos und Motos unterwegs. Der Wind streicht durch die Palmblätter und kleine Ziegen laufen vereinzelte über die Straßen. Um 8Uhr knallt die Sonne dann meistens schon erbarmungslos vom Himmel und man kann sich gar nicht mehr daran erinnern, dass es hier auch mal kühl sein kann. Nachmittags bin ich mit meinen Geschwistern ins Schwimmbad gegangen, das war richtig erfrischend und lustig. Da es keine öffentlichen Bäder gibt, geht man einfach in die umliegenden Hotels, die einen Pool besitzen und kann dort für ein bisschen Eintrittsgeld den ganzen Tag verbringen.

Es gibt noch viele Dinge in der Familie, an die ich mich gewöhnen muss. Zum Beispiel essen wir fast nie zusammen. Jeder isst einfach wenn er Hunger hat. Ich dachte viel eher, dass das gemeinschaftliche Essen hier sehr wichtig ist. Vielleicht ist es auch nur in meiner Familie so. Auf jeden Fall gibt es noch viel zu entdecken und erkunden. Es wartet sicher auch noch das ein oder andere Fettnäpfchen auf mich...

Allerliebste Grüße aus Togo, à bientot...

1 Kommentar:

  1. Hallo Julia
    Ich bin es der Herr Touré, der dir und deiner Gruppe beim Vorbereitungsseminar in Hann-Münden einen Vortrag über Togo gehalten hat. Ich hoffe, ich habe euch und besonders dir keinen Mist erzählt, als ich gesagt habe, dass Kpalime und die Prefektur Kloto die schönsten Regionen Togos sind. Ja schön ist immer relativ, also geschmackssache. Deshalb freue ich mich, dass du dich in Kpalime wohl fühlst. Ich habe mich über deine Aussage gefreut, dass „Kpalimé dir auf Anhieb total gut gefallen„ hat, weil diese Provinzstadt „nicht so laut und busy wie Lomé“ ist. Du hast Recht, denn du hast das beste was man als Gastfamilie in Togo erwischen kann. Glückwunsch. Dass in deiner Gastfamilie fast nie zusammen gegessen wird hat mich auch überrascht. Also durch dich habe ich etwas über mein Land gelernt. Ich finde deinen Bericht sehr informativ und werde ab und zu auf deinem Blog vorbei schauen. Vielleicht hast du neue Bilder?
    Ich wünsche dir noch weitere schöne Monate in Kpalimé.

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