Dienstag, 2. November 2010

Abenteuer Lomé


Nach vier Wochen ‚härtester‘ Projektarbeit, haben ein paar Freunde und ich beschlossen, das lange Wochenende in Lomé zu verbringen und mal richtig auszuspannen. Es wurde höchste Zeit, aus Kpalimé rauszukommen um etwas anderes zu sehen. Nachdem ich am Freitag ein sehr motivierendes Gespräch mit dem Direktor meiner Projektstelle hatte (später mehr dazu), bin ich guter Dinge und voll Vorfreude auf den Weg nach Lomé (fünf von uns waren schon in der Früh losgefahren, Greg und ich sollten nach der Arbeit nachkommen). Das erste Problem stellte sich mir schon in Kpalimé, die Busse und Taxen nach Lomé waren alle leer. Bekanntlich fahren hier aber nur überfüllte Autos von A nach B. Ich bin dann kurzerhand mit dem Moto-Taxi nach Agou-Gare gefahren, wo ich mich mit Greg treffen sollte. Dort konnten wir uns vor Angeboten nach Lomé kaum retten und saßen nach einer lautstarken Diskussion (‚Nein, die fahren bei mir mit.‘ ‚Ich hab sie zuerst gesehen.‘ ‚Es geht aber immer der Reihe nach.‘) wenige Minuten später beide vorne in einem Kleinbus. Da es nur einen Beifahrersitz gibt, muss ich mich mit dem Mittelteil begnügen und die Kupplung zwischen den Beinen einfach so hinnehmen. Hier ist es halt so. Ohne weitere Zwischenfälle sind wir ca. 2 Stunden später in der Hauptstadt am Busbahnhof angekommen. Dort reißen sich gleich die Moto-Taxis darum uns weiter zubefördern. Wir sind aber nun mal nur zu zweit, da kann man beim besten Willen nicht mehr als zwei Fahrer engagieren. Im Hotel treffen wir uns mit den anderen, wir schlafen zu siebt in einem Raum. Mit Klimaanlage! Das versprechen angenehme Nächte zu werden, nachdem wir vom Hotel noch Matratzen für den Boden bekommen haben. Zufällig ist am selben Abend noch ein kleines ‚Oktoberfest‘ im Goethe-Institut. Auch hier wird der 200. Geburtstag mit Schunkeln und Bier gefeiert. Die Blaskapelle ist zwar eher dürftig, da die meisten das Original nicht kennen, fällt es nur wenigen auf. Das Bier aus Plastikbechern schmeckt auch eher schal, so dass wir uns entscheiden, den Rest des Abends woanders zu verbringen. Wir tanzen ausgelassen in einer menschenleeren (es ist ja auch gerade mal 20Uhr) Großraumdisko, bevor wir den Abend gemütlich auf der Terrasse vor unserem Zimmer ausklingen lassen.

 Den Samstag verbringen wir größtenteils am Strand in einem Hotel, da es anscheinend zu gefährlich ist, an unbewachten Stellen ins Wasser zu gehen. Aber auch hier trauen wir uns nicht sehr weit rein, die Strömung ist doch sehr heftig und der Boden fällt gleich stark ab. Wir genießen es trotzdem, besser als nichts. Die Urlaubsstimmung ist auf jedenfall da. Wir sind plötzlich keine Freiwilligen mehr, sondern einfach Touristen. Sorgenlos..., wenn uns nicht das Geld durch die Finger fließen würde. Immer Essen gehen, sich mal dies mal das gönnen, abends feiern, das erleichtert den Geldbeutel. Die nächsten Wochen werden wir uns zurückhalten müssen. Bis zum nächsten Kurztrip... Am frühen Abend holen mich die drei Hauptverantwortlichen der Verwaltung des CMS Solidarité ab, darunter auch mein Gastvater. Wir fahren an den Flughafen um eine Delegation von Hilfe für Togo e.V. zu empfangen. Sie werden drei Wochen in Togo bleiben und ihre verschiedenen Projekte besuchen. Unter anderem auch unser Centre. Da die Gruppe wohl nur wenig französisch spricht, soll ich morgen, wenn wir mit einem Besuch an der Reihe sind, als Dolmetscherin fungieren und davon überzeugen, dass wir viel Unterstützung benötigen, z.B. einen tiefen Brunnen mit Trinkwasser, damit das Wasser nicht länger teuer gekauft werden muss. Außerdem bräuchten wir dringend eine Solaranlage. Durch die häufigen Stromausfälle, ist die Arbeit vor allem nachts oft erschwert, Geräte gehen schneller kaputt, die Kühlkette der Medikamente wird ständig unterbrochen usw. Nur sind für derartige Investitionen keine Mittel da. Hoffentlich hat Hilfe für Togo e.V. was für uns übrig. Ich bin erstaunt über die Weitsichtigkeit der Pläne. Auf Dauer wird man einiges Geld sparen können und den Angestellten wieder mehr Gehalt geben können. Das wurde vor kurzem gekürzt, was die Arbeitsmotivation sichtbar senkt. Ein Teufelskreis. Ich glaube, die Direktion setzt große Stücke auf Verhandlungsgeschick... Etwas mulmig ist mir doch dabei, es steht vieles auf dem Spiel.

Zurück nach Lomé... Den Sonntag verbringen wir nach dem Besuch eines französischen Supermarktes am Pool im Ibis-Hotel. Wenn man aus dem badewannenwarmen Wasser steigt, ist die Umgebungstemperatur (ca. 35°Grad) eine richtige Abkühlung. 

Für einen Freiwilligen, der in Kpalimé geblieben ist, soll ich noch ein Paket abholen, dass ihm ein in Deutschland lebender Togoer auf Heimaturlaub mitgebracht hat. Eigentlich eine schnelle Sache, denke ich. Drei Stunden später, den Bauch voll mit Prinzenrolle (wie unglaublich gut das schmecken kann!) und einem guten Mittagessen, verabschiede ich mich endlich. In der Tüte noch eine große Tafel Milka-Schokolade, die ich mit den anderen innerhalb von wenigen Minuten verdrücke, nachdem wir dem geschmolzenen Schokobrei zwischen kalten Wasserflaschen wieder etwas Form gegeben haben. Lecker!!! 

Am Abend treffen wir uns noch mit ein paar Togoern, die einige von uns schon aus Kpalimé kennen und gehen ordentlich tanzen. Ich habe heute noch Muskelkater in den Oberschenkeln. Am Montag sind wir alle nur sehr schwer aus unseren Betten gekommen. Nachdem die Klimaanlage ausgefallen war, haben wir von einem netten Hotelwächter um 5 Uhr morgens noch einen riesigen eisernen Ventilator bekommen, der einem Helikopter fast Konkurrenz machen könnte. Aber besser zu laut als zu heiß und stickig. Auf der Heimfahrt kommen wir in einen heftigen Regenschauer. Unser Taxi ist natürlich nicht wasserdicht. Es tropft zwar nur in den Kofferraum, aber so wird unser Gepäck ziemlich nass. Ich bin auch froh wieder daheim zu sein, Lomé ist doch sehr anstrengend auch wenn es uns allen sehr gut gefallen hat und wir jede Mange Spaß zusammen hatten. Ich denke, es sind alle frühzeitig ins Bett gegangen.
einer unserer kleinen Patienten

In der Arbeit heute kam gleich mal mein Gastvater mit zwei Medikamentenfläschchen auf mich zu und fragte, ob ich ihm die spritzen könnte. Meine erste krankenschwesterliche Tätigkeit, abgesehen von Blutdruck und Temperatur messen. Richtig schöne Venen hat mein Papa, ein Traum! Später gab es noch eine kleine Réunion mit den Dreien von der Verwaltung. Wir haben besprochen, wie wir morgen vorgehen, wenn uns Hilfe für Togo e.V. besucht. Ich soll auch noch ausgebildet werden, an Schulen und Ausbildungstätten, Vorträge und Diskussionsrunden zu führen. Es gibt pro Gruppe sechs Module à zwei Stunden, in denen z.B. über Lebensplanung, Sexualität, Gesundheit, das Recht ‚NEIN‘ zu sagen und die Verbindung von Tradition und Neuem gesprochen wird. So langsam sehe ich einen Sinn in meinem Aufenthalt. Es wird mir bestimmt sehr viel Spaß machen. Bei der Gruppe von Hilfe für Togo e.V. ist noch eine Julia dabei, die gerade Abitur gemacht hat und drei Monate Praktikum bei uns im Centre machen möchte. Da sie auch im Rettungsdienst tätig ist, können wir vielleicht gemeinsam meinen Plan, Erste-Hilfe-Kurse anzubieten, verwirklichen. Zu zweit macht es bestimmt mehr Spaß. 

Ich freue mich schon, Euch berichten zu können, wie es mit den Dingen voran geht! Bis dahin alles Liebe und viele Grüße von einer sehr glücklichen Julia!!!

2 Kommentare:

  1. Liebe Julia,

    schön zu hören, dass Du glücklich bist!!
    Wie laufen / liefen die Verhandlungen?

    Denke oft und feste an Dich!
    Dein Rehlein

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  2. Hallo Verhandlungskünstlerin!
    Daran, dass Du Hilfe für Togo E.V. einen tiefen Brunnen, eine Solaranlage,neue Geräte, Prinzenrolle,..,.."abschwatzten" kannst habe ich keine Zweifel! Drücke natürlich trotzdem feste die Daumen!!!

    Freu mich mit Rehlein, dass es dir gut geht!!
    Liebe Grüße aus dem heute sonnigen München!
    Deine Alex

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